: Land unter in Hitzacker
Die Altstadt des niedersächsischen Kurortes steht unter Wasser. Der Pegelstand der Elbe erreicht neue Rekordmarken. Bevölkerung und Helfer reagieren routiniert
HITZACKER taz ■ Für den kleinen Kurort Hitzacker im niedersächsischen Kreis Lüchow-Dannenberg scheint es beim diesjährigen Elbhochwasser noch schlimmer zu kommen als bei der Jahrhundertflut des Jahres 2002.
Der auf einer Insel zwischen der Elbe und dem Fluss Jeetzel gelegene alte Teil des 5.000-Einwohner-Städtchens steht seit gestern Morgen komplett im Elbwasser. Betroffen sind 250 Gebäude, die bislang kein Deich vor der Elbe schützt. Ihre Bewohner hatten sie zum dritten Mal seit 2002 mit Planen und Sandsäcken provisorisch gegen die Fluten gesichert.
Unentwegt tuckerten die Dieselmotoren der Notstromaggregate, und die von ihnen gespeisten Pumpen liefen ohne Unterlass. Auch der Markt mit dem Rathaus war nur noch mit Gummistiefeln zu erreichen. Der Pegel der Elbe stieg in dem kleinen Kurort von Donnerstag auf Freitag gleich um 30 Zentimeter an. Gestern Mittag stand er dann bei 7,44 Metern mit steigender Tendenz. Für den Abend waren 7,55 prognostiziert, für den Sonntag sogar 7,70 Meter. Schon 7,55 Meter sind 4 Zentimeter mehr als bei der Jahrhundertflut 2002 und sogar 1 Zentimeter mehr als der Elbhöchststand aus dem Jahr 1895.
Allerdings zeigte die Kleinstadt, die Teil der 7.300 Einwohner zählenden Samtgemeinde Hitzacker ist, auch schon eine gewisse Hochwasserroutine. Die 210 Helfer von Feuerwehr, Polizei, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz hatten für die Teile der Altstadt ein zweites von Generatoren gespeistes Stromnetz gelegt. Die Feuerwehr ging beim Abdichten der Häuser und beim Pumpen zur Hand. Verletzte gab es keine. Einige ältere Leute wurden mit Booten evakuiert und in Hotels untergebracht.
Obwohl das Wasser höher als vor vier Jahren steigen soll, ist die Situation bislang weniger dramatisch als 2002. Damals kämpften freiwillige Helfer und Bundeswehrsoldaten vor allem um 47 Kilometer alte Deiche in jenem Teil von Niedersachsen, der nördlich der Elbe liegt und bis zur Vereinigung zur DDR gehörte. Die Deiche, die vor vier Jahren an mehreren Punkten zu brechen drohten, sind größtenteils erneuert. Um die verbliebenen 14 alten Kilometer zu verstärken, gab das Landesumweltministerium gestern 1,2 Millionen Sandsäcke aus der niedersächsischen Reserve frei.
Die Menschen in Hitzacker hoffen, zukünftig von Hochwassern verschont zu bleiben. Das Land will dort 68 Millionen Euro in eine Flutmauer zwischen Elbe und Altstadt und ein Schöpfwerk investieren, das auch bei geschlossenem Flutwehr das Wasser der Jeetzel in die Elbe heben soll. Die Bauarbeiten für das Schöpfwerk haben bereits begonnen und sollen eigentlich Ende 2007 abgeschlossen sein. Allerdings muss mittlerweile noch über eine Klage gegen die Baugenehmigung entschieden werden. Der parteilose Bürgermeister der Kleinstadt, Jochen Langen-Deichmann, meinte gestern, die drei hohen Fluten in fünf Jahren seien für Hitzacker „tatsächlich einfach Pech“.Jürgen Voges