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Land unter im Altenwerderland

■ Erste Klagen gegen Hafenerweiterung eingereicht / Gericht soll Verfassungsmäßigkeit der Hafenerweiterung prüfen / Obstfelder von Überschwemmung bedroht Von Heike Haarhoff

Dem Hamburger Verwaltungsgericht ist kein arbeitsarmes „Sommerloch“ beschert: Gestern wurden die ersten beiden Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluß gegen die Hafenerweiterung in Altenwerder eingereicht, genau eine Woche vor Ablauf der Einspruchsfrist. „BUND und der Naturschutzverband Schlickfall machen erst den Anfang“, frohlockte man gestern in der Anwaltskanzlei Günther, die den zähen Kampf um den Erhalt Altenwerders seit mehr als 20 Jahren juristisch begleitet. Heute und morgen sollen weitere Papierstapel mit Klagen von rund 20 AnwohnerInnen – Grundbesitzer und MieterInnen – folgen. Gleichzeitig wird vor Gericht ein „Antrag zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ gestellt. Sein Zweck: Er soll den vom Amt für Strom- und Hafenbau angeordneten „Sofortvollzug“ verhindern. Nach Ansicht der KlägerInnen ist die „Eilbedürftigkeit“ der Hafenerweiterung nach mehr als 30jähriger Planungszeit ein wenig übertrieben.

Das Gericht wird unter anderem prüfen müssen, ob das Hafenentwicklungsgesetz verfassungsgemäß ist, und ob es zulässig ist, den Ausbau des Hafens – wie geschehen – mit Senatsentscheidungen aus den 70er Jahren zu begründen. Die Naturschutzverbände haben vor allem Bedenken gegen die Öffnung der Alten Süderelbe, die als ökologischer Ausgleich für Altenwerder vorgesehen ist.

„Obwohl im Planfeststellungsbeschluß verbindlich steht, daß nur die Alte Süderelbe als Ausgleich in Frage kommt, ist bisher nicht geprüft worden, ob ihre Öffnung überhaupt machbar ist“, weist Anwalt Martin Hack auf den Widerspruch zwischen Planung und Gesetz hin: Die Süderelbe-Öffnung ist ein Eingriff in ein Naturschutzgebiet, der nach dem Bundesnaturschutzgesetz nur dann erfolgen darf, wenn hierzu ein Planfeststellungsbeschluß vorliegt. Das Amt für Strom- und Hafenbau schert das wenig: „Einen ganz üblen Trick“ findet Herbert Nix vom Förderkreis „Rettet die Elbe“ es, Altenwerder erstmal munter aufzuschütten und sich im nachhinein die Süderelbe genehmigen zu lassen.

Die Naturschutzverbände jedenfalls bezweifeln, daß der versprochene Auenwald entstehen kann: Dazu sei der Tidehub viel zu niedrig. Er trage lediglich dazu bei, die Obstfelder vollkommen zu überschwemmen: Ein neues Biotop kann gar nicht entstehen, dafür wird ein altes zerstört und die Wirtschaftsgrundlage der Obstbauern gleich mit. Die reagieren erwartungsgemäß allergisch. In ihrer Stellungnahme zur Aufhebung der Bebauungs- und Baustufenpläne „Altenwerder 1 / Moorburg 6“, die der taz vorliegt, heißt es: „Ein beträchtlicher Teil der Anbauflächen wird durch die Öffnungsvarianten den Schwingungen des Tidehubs ausgesetzt, und diese Flächen sind somit für unsere Betriebe unwiderbringlich verloren. Die geplanten Öffnungsmaßnahmen führen zur Verschlechterung der Wasserqualität und können (...) nicht akzeptiert werden.“ Höhepunkt der Kritik: Die „erforderliche Bausumme für die Öffnung“ ist „angesichts der Haushaltslage der FHH“ und der „zu erwartenden Folgekosten nicht vertretbar.“

Das wissen – mit Ausnahme der Wirtschaftsbehörde – inzwischen fast alle.

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