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Land oder Eisberg

■ Bürgerschaft debattiert Regierungskrise ...

„Man ist sich einig, daß man sich einig ist, daß man einen Kompromiß findet,“ höhnte CDU-Oppositionsführer Ole von Beust gestern in der Bürgerschaft. Seine Partei hatte das Thema „Hamburg ist das Schiff – und was macht der Kapitän?“ zur aktuellen Stunde angemeldet. „Hören Sie mit dem divahaften Getue auf“, so von Beust zu Bürgermeister Henning Voscherau, „und behandeln Sie endlich das Thema Bezirksverwaltungsreform, das seit 25 Jahren diskutiert wird“.

Seine störrische Majestät hatte in der letzten Reihe der Abgeordnetenbänke statt auf der Senatsbank platzgenommen und ließ sich vom linken Parteigenossen Walter Zuckerer Händchen halten. „Ich wünsche Kapitän Henning eine fruchtbare Besinnung“, warnte Statt Gruppen-Chef Achim Reichert; am Freitag soll Voscherau über das Kompromiß-Papier befinden, das die Senatoren Thomas Mirow (SPD) und Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos) ausarbeiten. Er, Reichert, wolle nicht ausbaden, daß Kapitän Voscherau sich nicht „über den Kurs des Schiffes“ informiert habe und „sich jetzt wundert, daß Land in Sicht ist“.

Derweil kam der CDUler Heino Vahldieck auf eine ganz andere Idee: Er warb darum, mit GAL und Statt die Bezirksverwaltungsreform durchzusetzen. Die GAL attestierte dem Bürgermeister „ein Wahrnehmungsproblem“, denn er habe die Vorstellung, „wenn nur alle seinem Kopf gehorchen, wäre alles am besten geregelt“.

Da konnte die SPD-Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kiausch nur abwinken. „So ehrfurchtsvoll und zahm, wie heute argumentiert wird, kann man nur zu dem Schluß kommen, daß alle Voscherau für den ungekrönten König von Hamburg halten – und das ist gut so.“ Nun begab sich seine Majestät, der Kapitän, selbst ans Rednerpult und zitierte aus maritimen Vorschriften. Die räumten ein, daß „eine gewisse Selbständigkeit der Offiziere“ zu unterstützen sei. Aber wenn der Kapitän Eisberge sehe, müsse er eben den Kurs wechseln: Die Bezirksverwaltungsreform sei nun mal zu teuer. Silke Mertins

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