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Lamellen sind wichtig

■ "heute", die zweite deutsche "Tagesschau", ist ab Samstag mit Petra Gerster und intensiviertem "Farbklima" gebrauchsfuturistischer

Die ZDF-Nachrichtensprecherin Katrin Müller hat in den fünf Jahren ihres Wirkens für „heute“ eine bemerkenswerte Entwicklung durchlebt. Mit ihrer platinblonden Langhaarfrisur sah sie anfangs aus wie das Mäuschen von StudioB. Die Haare wurden mit den Jahren kürzer und kürzer. Zuletzt war sie sogar brünett und wirkte viel tougher als das um sie herum aufgebaute ZDF-Erscheinungsbild von „heute“, der Light-Version der „Tagesschau“.

Um einer weiteren Eskalation der „Farbklima“-Katastrophe vorzubeugen, wurde Katrin Müller „auf eigenen Wunsch“ ersetzt. Das ZDF hat mit Petra Gerster nun eine „Mona Lisa“ an die Front beordert. Sie wurde wegen ihrer Frauensendung mit der „Goldenen Kamera für Glaubwürdigkeit im TV“ ausgezeichnet und hat auch wieder längere blonde Haare. Um sie herum haben die Mainzelmännchen auch das „heute“-Nachrichtenstudio komplett renoviert und neu tapeziert. Wurde auch Zeit.

Augenscheinlichste Veränderung ist, daß die Neuigkeiten nun von einem sogenannten Newsdesk aus präsentiert werden. Diese konvex geschwungene Theke ruht auf grau lackierten horizontalen Lamellen (zehn an der Zahl), die aussehen wie die Rippen einer Klimaanlage. Lamellen sind wichtig. Sie suggerieren Technik. Und Technik ist geheimnisvoll. Aus dieser Welt des Geheimnisses kommt die präsentierte Neuigkeit: Das Medium ist die Lamelle. Dieser Gebrauchsfuturismus strahlt jene leicht ins Moderne hin korrigierte Biederkeit aus, die wir vom ZDF gewohnt sind.

Eine weitere Novität betrifft die Perspektive auf die Neuigkeiten. Wir erinnern uns: Markenzeichen des alten ZDF-Nachrichtenstudios war es, dem Zuschauer durch ein reales Fenster schräg im Hintergrund einen Blick nach draußen zu ermöglichen. Draußen, das war in diesem Fall Mainz. Dieser für eine Nachrichtensendung sinnbildliche Blick in die Welt wird nun perspektivisch erweitert – jemand hat die Fototapete einer Weltkarte über das Fenster geklebt.

Die nunmehr kreisrunde Studiokulisse schillert zwischen Grasgrün und Kukident-Blau, mit einem Stich ins Zartlila. Aus der Nähe betrachtet, also nicht durch eine Fernsehkamera, sieht die lackierte Sperrholzkulisse aus wie die mit viel Liebe gebastelte Modelleisenbahn-Landschaft. Das neu aufgepeppte ZDF-Logo ist ein von Satelliten umkreistes Weltauge. Zackige Farbflecken deuten eine Dynamik der Bewegung an. Man erkennt, daß die Enkel des ZDF- Designers jetzt auch MTV schauen.

Ob die Sprecher Claus Seibel und Peter Hahne bei dieser optischen Runderneuerung gleich mit geliftet wurden, war nicht zu eruieren. Angesichts des stürmischen Andrangs der Fotoreporter, die beim Pressetermin nur die Visagen der beiden Sprecher ablichteten (die man ohnehin jeden Tag sieht) und das neue Studiodesign vollkommen ignorierten, konnte man jedenfalls den Eindruck gewinnen, daß Seibel und Hahne auch korrigiert wurden. Nur im Hinblick auf die Technik der Bildbearbeitung gab Peter Hahne im Blitzlichtgewitter der Fotografen eine verblüffend neue Methode zu Protokoll: „Man schluckt den Film. Und dann kommen hinten die Bilder entwickelt heraus.“

Wie diese Technik sich auf die Präsentation von Nachrichten auswirkt, darüber kann der Zuschauer sich ab Samstag, 19 Uhr, selbst live informieren. Manfred Riepe

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