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KommentarLästige Bittsteller

■ Geld wiegt schwerer als Gerechtigkeit

Eine gut geübte sozialdemokratische Praxis: Wenn die Rede auf die Berufsverbote kommt, dann wird die Stirne kraus gezogen, tja, und dann wird bedauert, was das Zeug hält. Das sei ein großer Fehler gewesen, hat schon Willy Brandt gesagt. Und Henning Scherf tut es ihm gleich. Wie tief sie bedauern, das ist schon ergreifend. So ergreifend, daß der Würgreiz unvermeidlich ist, wenn schließlich die Frage nach den Folgen der Scham kommt. Diese Scham ist kostenlos, bloß nicht für die Opfer. Mehr als 20 Jahre nach den Berufsverboten laufen sich die Betroffenen immer noch die Hacken ab nach einem Minimum an Wiedergutmachung. Wie lästige BittstellerInnen. Eine Entwürdigung, die sie noch mal und noch mal zu Opfern macht – bis sie es endlich satt haben.

Ist das so gewollt? Wie sonst soll der hinhaltende Widerstand von Senat und Verwaltung zu verstehen sein? Wie sonst sollen wir verstehen, daß ein leibhaftiger Bürgermeister einen popeligen Senatsbeschluß vorschiebt, als sei der Gottes Gesetz? Nein, die Betroffenen sind tatsächlich lästig. Sie sollen aus dem Blickfeld verschwinden, sie sollen endlich ruhig sein, weil ein allzu deutliches Eingeständnis eines Fehlers – und mag der auch noch so gravierend gewesen sein – Geld kosten könnte. Und das wiegt offenbar schwerer als Gerechtigkeit. Zwanzig Jahre danach ein Bild, wie es ekliger und peinlicher kaum sein könnte. Jochen Grabler

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