: Längst gefälltes Urteil
■ betr.: „Ein Tod ohne Erklärung“, taz vom 26./27.10. 97
[...] Sicherlich muß dieser Mord wie jeder andere verurteilt werden, und gewiß besteht kein Grund, die soziale oder kulturelle Herkunft des Täters zu verheimlichen. Aber ich möchte die Journalistin und die Redaktion fragen, warum denn bei so vielen Morden und Gewalttaten von Deutschen (und anderen nichtbedrohten Völkern) nicht die gleichen Fragen gestellt werden, mitsamt Überlegungen über die mögliche kulturelle Bedingung der Taten und Bildungsexkurs über die Geschichte des Volkes und Details zum aktuellen Stand der „wissenschaftlichen Analysen“ über sie? Wieso scheint in solchen Fällen der Grad der Intellektualität oder Zivilisiertheit keine Rolle bei der Ermittlung zu spielen? [...] Sruti Balasubramanian, Bonn
[...] Unverständlich und vor allem der Toten und den Hinterbliebenen gegenüber unverantwortlich ist, daß sich jetzt alle möglichen Leute berufen fühlen, Katrin Reemtsmas Intimsphäre, und dazu gehört schließlich mit wem und wie sie ihre Lebensgemeinschaft gestaltet hatte, zu „bewerten“. Pesönliche Erinnerungen, Eindrücke und Gerüchte werden munter nach Lust und Laune in diesen tragischen Fall hineininterpretiert, damit endlich das von diesen Leuten längst gefällte Urteil über den einstigen Lebensgefährten und numehrigen Angeklagten landauf, landab bekannt wird. [...]
Bleiben Tilman Zülch und Rajko Djuric, die sich mit dem nötigen Respekt der Toten und ihres Privatlebens gegenüber zu nähern versuchen. [...] Herwig Matzka, Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen