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„Länderklausel für das gesamte Gebiet“

■ Eduard Lintner, deutschlandpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, zu Wahlgebieten und Sperrklauseln

INTERVIEW

taz: Welche Sperrklausel in welchem Gebiet favorisieren Sie?

Eduard Lintner: Mir wäre der ursprüngliche Vorschlag von Ministerpräsident de Maiziere am liebsten gewesen - also zwei Wahlgebiete mit einer einheitlichen Sperrklausel von jeweils fünf Prozent. Damit hätte der Besonderheit der DDR Rechnung getragen werden können.

Die dortigen Parteien ohne westdeutsche Übernahmepartner haben wegen des faktischen Geschehens keine Möglichkeit, sich bundesweit zu etablieren und zu profilieren - und damit keine Chance, die Fünfprozenthürde auf Bundesebene zu überspringen.

Aus dem Wunsch wird aber nichts.

Dieser Weg ist durch die Diskussion der letzten Tage verschüttet worden. Die zweitbeste Lösung wäre daher eine Länderklausel für das gesamte Wahlgebiet - also Bundesrepublik und DDR. Möglicherweise bewegt sich die Diskussion in diese Richtung. Man kann dabei an die Situation von 1949 anknüpfen, wo es ja für die Bundesrepublik schon einmal so geregelt war. Verfassungsrechtlich ist das also möglich.

Das ist der vom rot-grünen Niedersachsen vorgeschlagene Weg. Schwenkt noch jemand drauf ein?

Eventuell passiert das während der Sitzung des Ausschusses „Deutsche Einheit“. Ich hoffe, die SPD hat einen für all ihre Länder geltenden Standpunkt entwickelt. Oder sie hält sich zumindest für einen Kompromiß in dieser Richtung offen.

Bereitet es Ihnen Bauchschmerzen, daß die PDS bei diesen Varianten gute Chancen auf einen Einzug ins gesamtdeutsche Parlament bekommt und die Bürgerbewegungen nicht?

Nein. Es ist allemal besser, die PDS im Bundestag sitzen zu haben als ihr die Chance auf die Führung einer außerparlamentarischen Opposition zu geben, die sich naturgemäß viel weniger an die Spielregeln hält als jemand, der im Bundestag als Opposition mitarbeiten will. Im übrigen schließe ich nicht aus, daß die PDS auch bei einer Fünfprozentklausel für ein gesamtdeutsches Wahlgebiet ins Parlament kommt. Bedauerlich ist, daß die Bürgerbewegungen nicht zum Zuge kommen - aber die Sperrklausel kann nicht beliebig niedrig gehängt werden.

In der Diskussion um Sperrklausel und Wahlgebiet ist CDU -Ministerpräsident de Maiziere kräftig angeschossen worden auch von konservativer Seite in der Bundesrepublik. Ist das eine schwere Hypothek für den weiteren Weg?

Die Beschädigungen sind nicht so stark, daß bei der weiteren Zusammenarbeit Probleme entstehen. Zu de Maiziere gibt es doch auch keine Alternative. Die Regierung der DDR ist noch einige Monate im Amt - da hat es keinen Sinn, jetzt noch eine personelle Diskussion zu entfachen.

Interview: Axel Kintzinger

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