■ Gegen Fernsehfälscher helfen nur kleine Schritte: Lächerlich wenig
A star is Born. Wir Normalos pfuschen ohne Aufsehen. Wer zur Bilanzpressekonferenz von Krupp extra Schnittbilder im Stahlwerk dreht, ist des Gelächters der Kollegen sicher: „Stahlkassette“, „Kohlekassette“ stehen griffbereit im Regal. Gerade bei abstrakteren Themen ist man froh, auf Gebrauchtbilder zurückgreifen zu können. Die „Datenautobahn“, eine furiose Fahrt durch eine bläuliche Computeranimation, ist die zur Zeit wohl meistgesendete Nachrichtenillustration. Finanziert hat die Bilder die deutsche Telekom, als Promo-Video.
Der Deutsche Presserat, Zusammenschluß der Verleger- und Journalistenverbände, hat 1995 bei 105 Beschwerden 19 Rügen ausgesprochen. Sechs davon – standesgemäß ein knappes Drittel also – hat allein die Bild-Zeitung eingefahren. Wahrscheinlich schreitet sie nun intern zur Wahl der „Miß Billigung“. Eine Läuterung jedenfalls vermag der Presserat selbst nicht zu erkennen. Wohl deshalb fällt es nicht auf, daß die Sender gar keine hausübergreifende Selbstkontrolle haben. In der Tat können sie jeweils Rundfunkgesetze oder Beiräte vorweisen, die – theoretisch – schärfere Bestimmungen vorschreiben. Und vor jeder Zensurdebatte muß man sich überlegen, wem man damit eine Freude macht. Bis heute schuldet uns der Spiegel seinen Kronzeugen für die Mordtheorie von Bad Kleinen. Verbieten?
Konkurrenzdruck lasse die Sitten der Medien verwildern, erklären viele den Erfolg des Fälschers Born. Solange es keine Ehrenmedaille mit Gehaltszulage gibt für besonders langweilige, aber wahrhaftige Filmbeiträge, bleibt das billige Besserwisserei, die niemandem hilft. US-Sender halten Handbücher für ihre Reporter bereit, die von der Krawattenfarbe bis zum Schlußsatz viel absurdes Regelwerk vorschreiben. Aber – für Nachrichtensendungen – auch die Pflicht, Archivmaterial als „file“, Spielhandlungen als „dramatisation“, Fremdmaterial mit Quelle als „police video“, „army pool“ auszuweisen. Das trägt nicht zwangsläufig zu wahrhaftiger Berichterstattung bei, mag lächerlich wenig scheinen. Und doch wäre es nett, uns nicht komplett ratlos in die Schneideräume zu schicken. Besser als großmoralisches Lamento wäre es sogar, „lächerlich wenig“ zu verbessern. Friedrich Küppersbusch
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