: Labor statt Kiosk
■ Hamburger Computernetz-Symposium „Internet“ tagt wieder im November
Eine „kritisch-philosophische Diskussion“ zum schnell anwachsenden Computernetz hat sich das internationale Symposium Interface 3 vorgenommen, das die Kulturbehörde Hamburg vom 1. bis 3. November veranstaltet und gestern der Öffentlichkeit vorstellte. Der komplizierte Titel Labile Ordnungen – Netze denken, Kunst verkehren, Verbindlichkeiten verweist auf drei Themenkomplexe. Der erste: Was bedeutet überhaupt vernetztes Denken? Wie verändert es unsere Wahrnehmung?
Der zweite Schwerpunkt, „Kunst verkehren“, zeigt Werke von Künstlern, die im Internet zu Hause sind. Prof. Matthias Lehnhart von der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg nutzt das Computer-Angebot „nicht als Kiosk oder Modeatelier, sondern als experimentelles Labor“. Gemeinsam mit einer Gruppe von Studenten zeigt er Ausschnitte aus der Arbeit im „Telematic Workroom“: Per Telefon werden die Teilnehmer fünf Minuten lang Kontakt halten zu einem interaktiven Sprachbox-Forscher in Wien, der Stimme und Bildschirm-Oberfläche korrespondieren läßt. Als Drittes wird sich das Symposium kritisch mit der zukünftigen Nutzung des Internet auseinandersetzen.
Der Gründungsrektor der Kunsthochschule für Medien in Köln, Prof. Siegfried Zielinski, beschrieb auf der Pressekonferenz die Lage mit dem kurzen Wörtchen „PAM“: Vom Pentagon entwickelt, von den Akademikern genutzt, in den kommerziellen Markt übergehend. Soll heißen: Bislang wurde das System zu wissenschaftlichen Zwecken an Universitäten genutzt sowie von Einzelpersonen, die ein „wildes heterogenes Nebeneinander“ auf den Bildschirmen produzierten. Jetzt gilt es, „Strukturen zu finden für die Anarchie dieses Nebeneinanders“, bevor sich die Industrie einschaltet und sich der Anarchie dieses zukunftsträchtigen Marktes bemächtigt.
Alle Veranstaltungen sind öffentlich, das betonte auch noch einmal die Kultursenatorin: Ein Zweck der Veranstaltung sei, so Christina Weiss, den kleinen Kreis der Eingeweihten zu öffnen und mit möglichst vielen Menschen darüber nachzudenken, „wie der Mensch Herr der Technik wird und bleibt, anstatt nur ihr Knecht zu sein.“
Gabriele Wittmann
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