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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Acht Monate Haft wegen zu viel Bewegung“, taz vom 4. 5. 09

Recht hat Richter Marufke

Recht hat Richter Marufke aus Thüringen, wenn er den Kameruner Felix Otto zu acht Monaten Haft verurteilt hat. Schließlich hatte der gegen die Residenzpflicht, die für Asylbewerber geltende räumliche Aufenthaltsbeschränkung verstoßen.

Und wer solches tut, der – so das Gesetz – „wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft“. Pardon, da ist mir jetzt ein unverzeihlicher Fehler unterlaufen. Ich habe die faschistische Ausländerpolizeiverordnung aus dem Jahre 1938 (Paragraf 13 Absatz 2) zitiert statt das heutige Asylverfahrensgesetz, in dem es – nun in vorbildlich demokratischem Geist – heißt: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer wiederholt einer Aufenthaltsbeschränkung […] zuwiderhandelt.“ (Paragraf 85,2) Die Residenzpflicht ist Produkt einer unseligen deutschen Tradition, deren Opfer in den Jahren des Ersten und Zweiten Weltkriegs vor allem Zwangsarbeiter waren, verurteilt mindestens zu Bußgeldern, wenn sie analog zu den heutigen Asylbewerbern außerhalb ihres Wohnortes angetroffen wurden, „ohne im Besitze einer schriftlichen Genehmigung ihrer zuständigen Polizeibehörde zu sein, wodurch sie berechtigt waren, ihren Wohnort zu verlassen“ (Polizeiliste aus dem Jahre 1944). Das Urteil unseres Richters Marufke ist ein Skandal, der weit über den Einzelfall hinausgeht, nämlich die Kontinuität administrativer Diskriminierung von Ausländern in Deutschland belegt.

MICHAEL STOFFELS, Kempen

■ betr.: „Jugend ohne Rausch“,taz vom 5. 5. 09

Politik als PR

Die Aussagen der Bundesdrogenbeauftragten Sabine Bätzing beweisen erneut, dass Politik in Berlin vor allem als PR verstanden wird, gute Botschaften zu verbreiten. Denn wer behauptet, das Rauschverlangen junger Menschen gehe zurück, der kann sich jederzeit auf der Piste eines anderen belehren lassen. Hieran wird sich auch nichts ändern, solange die Hersteller ihre Produkte äußerst billig verkaufen und analog zur Tabakbranche über alle verfügbaren Kanäle als Lifestyle anpreisen. Eine Philosophie, die an die Kapitalmärkte erinnert, auch dann Geschäfte zu machen, wenn andere dabei zu Schaden kommen! RASMUS PH. HELT, Hamburg

■ betr.: „Jugend ohne Rausch“,taz vom 5. 5. 09

Runde Bildchen

Wollte eigentlich nix dazu schreiben, aber ich mache es jetzt doch. Eure alte Aufmachung fand ich besser. Da ich aus zeitlichen Gründen auch noch alte Zeitungen von euch lese, fiel mir auf, dass ihr die Abstände zwischen den Zeilen und die Schrift vergrößert habt. Also, sprich: Weniger Info!!! Hm! Schade, das Aussehen beim Lesen der Artikel lenkt permanent vom Text ab, viel zu unruhig und bunt gestaltet. Die runden Fotos der verschiedenen Journalisten sind auch voll daneben. Ich will von einem harten, schweren, ernsten Thema nicht von runden Bildchen beruhigt werden. Ich möchte euch wieder kämpferisch, nicht softisch. MARIA MEISER, Hamburg

■ betr.: „Politisch und strategisch falsch“, taz vom 4. 5. 09

Kaum beherrschbares Ereignis

Wieso die Stadt Hannover „besser beraten gewesen“ wäre, wenn sie die Nazis durch die Innenstadt hätte laufen lassen, lässt sich rational schwer erschließen: Bei allen kontroversen Debatten war in Hannover eines immer unstrittig: Ein Demonstrationszug von 1.500 militanten Nationalsozialisten wäre ein katastrophales und kaum beherrschbares Ereignis. Das zum einen wegen der Gefährlichkeit der Szene, zum anderen weil sich Tausende aufgemacht hätten, den Aufzug zu verhindern! Selbst bei intensivster Bemühung von Felix Lees „demkratietheoretischen Erwägungen“ ist schwer einzusehen, wieso Gewaltakte wie in Dortmund in Hannover besser ihren Platz gehabt hätten.SEBASTIAN WERTMÜLLER, Hannover