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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Verwertung der Grausamkeit

■ betr.: „Terror in Zeiten des Smartphones“, taz vom 24. 5. 13

Seit beinahe zwanzig Jahren täglicher taz-Leser haben mich insbesondere eure oft provokativen und überdurchschnittlich häufig originellen Titel begeistert. Über die heutige Aufmachung aber bin ich offen gestanden entsetzt: Die Bilder einer grausigen Mordtat überhaupt abzubilden und noch dazu in einer Aufmachung, die an virtuelle Gewaltwelten erinnert, in der aber fürchterliche Wirklichkeit abgebildet wird, würde man nicht in der kritischen taz erwarten. Eine Zeitung wie die taz sollte doch gerade gegen eine solch üble Verwertung der Grausamkeit und des Entsetzens Widerspruch erheben, statt sich an ihr zu beteiligen. Ich weiß nicht, wie ihr dazu kamt, diesen Titel in dieser Form zu bringen, aber ich hoffe, es bleibt eine einmalige Überschreitung der Grenzen des guten Journalismus.

OLIVER FLÜGEL-MARTINSEN, Hannover

Bühne herbeigemordet

■ betr.: „Das neue Gesicht des Terrors“, taz vom 24. 5. 13

Was soll ich mit der Prognose bzw. Drohung anfangen, dass „die Gesellschaft“ einen Mörder und Psychopathen genauso behandeln wird wie er sie? Mir läuft es kalt den Rücken runter! Nein, so einfach lassen wir uns die Humanität nicht wegmorden! Dabei zeigen Tat und Zeugenverhalten, dass „die“ Gesellschaft – das sind wir alle – klare Handlungsalternativen hat. Die Zeugin Ingrid Loyau-Kennett sprach mit dem Täter anstatt sich wegzuducken, sie gab ihm Contra und hat so vielleicht eine Eskalation verhindert und Leben gerettet. Hätte nicht auch der Passant, der brav und ohne zu zittern die Untat und den stolz posierenden Mörder filmte, Nein! sagen und mit dem Täter sprechen können, anstatt ihm zu Willen zu sein? Solche Leute mit ihrer krankhaften Imagesucht und ihrem Willen, sich eine Bühne herbeizumorden, straft man am besten, indem man weder ihr Gesicht noch ihren Namen öffentlich macht noch zu deren Verbreitung beiträgt. Was solche Menschen treibt, ist Hass – Hass auf die Mitmenschen und Hass auf sich selbst. Um das zu vertuschen, eignen sich Ideologien genauso gut wie das Zerrbild des Islam oder einer anderen Religion. GUDULA FRIELING, Dortmund

Druck auf Bio-Schlecker verstärken

■ betr.: „Der Bio-Schlecker“, taz vom 24./25. 5. 13

Leider mal wieder negativschlagzeilen aus der biobranche. Diese trifft uns besonders hart, da auch in Pforzheim der biomarkt von denn’s und alnatura dominiert wird. Wir kaufen nur bio, aber nun halt nicht mehr bei denn’s! Mindestens so lange nicht mehr, bis eine gegenteilige und vor allem glaubhafte mitteilung vorliegt, dass die sozialstandards bei denn’s eingehalten werden, dass sich die bezahlung an tariflichen bedingungen orientiert. Es tut uns leid für die mitarbeiterinnen, von denen wir viele persönlich kennen. Aber wir als konsumentinnen müssen nun den druck verstärken, dass gerade das personal bei denn’s endlich von besseren sozialleistungen und höheren löhnen profitieren kann. „Schlecker-methoden“ fanden wir schon immer übel, ob bio oder nicht. MANFRED BAUER, Pforzheim

Dollarzeichen auf Bio-Stirn

■ betr.: „Der Bio-Schlecker“, taz vom 24./25. 5. 13

ich hoffe sehr, euer artikel wird von regionalen medien der städte, in denen es denn’s-märkte gibt, weiterveröffentlicht, weil leider viel zu wenige wissen, was dort unter „fair“ verstanden wird! ich arbeite fast 30 jahren im bioladen, stehe auch heute noch voll hinter der idee biolebensmittel und faire produktion und verteilung – aber wenn ich das lese, bin ich froh, dass ich nicht „aufgestiegen bin in die chefetage“! das gleiche dollarzeichen, das herrn greim auf der stirn steht, haben leider viele alte bios. es ist auch menschlich sehr enttäuschend, zu sehen, wie die früheren, langjährigen kollegen heute mit ihren „untergebenen“ umgehen! ich könnte von 11,50 Euro brutto nicht leben. ohne unterstützung geht das nicht, im laden werden ständig die preise erhöht, ich kann mir diese teuren lebensmittel jedenfalls nicht leisten! noch dürfen wir altes brot und aussortierte oder abgelaufen ware mitnehmen! tja, das ist der grund, weshalb ich leider meinen taz-abo-preis nie ändere und auch nicht bei ver.di bin, 1 prozent vom bruttolohn ist da schon viel geld.

so, jetzt geht es mir besser, ich warte schon lange auf so ein ventil, von den mitarbeiterInnen (meistens frauen) würde es niemand wagen, das an die öffentlichkeit zu tragen aus angst um den arbeitsplatz – über 50 erst recht nicht. fragt jemand nach mehr geld, heißt es einfach, wenn euch das nicht past, müsst ihr gehen, wir haben schnell ersatz! Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt

Bleibt auf den Golfplätzen!

■ betr.: „Wir lieben die Bayern“, taz vom 25./26. 5. 13

Es reicht – was soll so ein Aufmacher an einem Tag, an dem jeder Fußballfreund sich irgendwo zuordnet. Es ist völlig normal, dass Fans für oder gegen Bayern München sind. Wen interessieren denn heute die Meinungen von irgendwelchen Nasen. Falls ihr zukünftig nur noch von den Berühmten und Bekannten, meist von Fußball keine Ahnung Habenden, gelesen werden wollt, könnt ihr so weitermachen. Von der taz erwarte ich eigentlich eine kritische Berichterstattung aus linkem Blickwinkel und keine Prominentenlobhudelei für Bayern München. Als Aufmacher für die taz am nächsten Wochenende schlage ich Herrn Rüttenauer und seinen Gefolgsleuten vor: Prominente bleibt auf den Golfplätzen. HILDE THEOBALD, Saarbrücken