LESERINNENBRIEFE :
Demonstriert in Berlin!
■ betr.: „Hausbesuch beim Kapital“, taz vom 29. 5. 13
Aus Sympathie mit den Zielen der Occupy-Bewegung ein paar Anmerkungen: Die Zeil ist die größte Einkaufsstraße Frankfurts, Luxusboutiquen sind dort allerdings nicht zu finden. Diese befinden sich auf der Goethestraße. Auf der Zeil kaufen – da dort, wie im Artikel erwähnt, auch Läden im untersten Preissegment angesiedelt sind – vor allem Menschen mit mittlerem und kleinerem Budget ein.
Gerade bei der taz mit ihrem aufklärerischen Anspruch ist mir die tiefe Abneigung gegen Frankfurt unklar (Frankfurt = böse, Berlin = gut). Wenn ich korrekt informiert bin, gibt es auch in Berlin Banken und Bankfilialen; mir wäre auch neu, dass es in Berlin nur Fairtrade-Bekleidungsgeschäfte gibt: Auch dort finden C & A, Primark und H & M sicher die ein oder anderen Kunden. Für manche Stadtteile in Berlin mag es zwar zutreffen, dass es dort nur Jute-Boutiquen und fair gehandelten Latte macchiato gibt – die sind dann sicher genauso gentrifiziert wie das neue Europaviertel in Frankfurt (in dem sich schon Biosupermärkte angesiedelt haben).
Politik wird in Berlin gemacht. Wer den Auftrag der EZB ändern, wer Banken entmachten, wer mehr Verteilungsgerechtigkeit möchte, der ist aufgefordert, vor dem Bundeskanzleramt und dem Bundestag zu demonstrieren. DANIEL RETHMEIER, Frankfurt am Main
Kein CSD für Nazis
■ betr.: „Falsche Freunde“, taz vom 31. 5. 13
Wenn Pro Köln bei der politischen Demonstration der CSD-Parade mitmachen will, dann kann die einzig vernünftige Reaktion aller, die sich nicht den Neunazis zurechnen lassen wollen, nur sein: zu Hause bleiben. ALLE! Das wäre dann mal eine wirklich politische Demonstration. Denn streitet die schwul-lesbische Community mit dem Motto „Wir sind so oder so“ für eine weltoffene, menschenfreundliche, inklusive Gesellschaft gleichberechtigter Individuen, so ließe sich das Ansinnen von Pro Köln simpel mit „Wir sind nur so“ zusammenfassen. Wie man da einen noch so kleinen gemeinsamen Nenner finden will, ist mir unerklärlich. „Kein Kölsch für Nazis“ funktioniert doch auch in der Domstadt. ACHIM HOHLFELD, Herne
Dürre Zeilen für Sarah Kirsch
■ betr.: „Unterm Strich“, taz vom 23. 5. 13
Dass und wie die deutsche Teilung fortdauert, kann erkennen, wer liest, wie die taz Sarah Kirsch nachruft. Dürre Zeilen, deren Inhalt einem Wikipedia-Eintrag gleichen. Eine solche Vernachlässigung hat Sarah Kirsch nicht verdient. Wie viele Zeilen hätte die taz wohl für Gabriele Wohmann oder gar Uwe Timm im Falles ihres Todes?
MARIA GERTRUD KAUFMANN, Brandenburg/Havel
Laubfrosch oder kein Laubfrosch?
■ betr.: „Ein Frosch für alle Fälle“, taz vom 27. 5. 13
Die Berichterstattung über den Grünen-Mitgliederentscheid ist sehr ärgerlich. Dabei geht es nämlich keineswegs um die Frage „Laubfrosch oder kein Laubfrosch“, sondern um insgesamt 58 Anträge verteilt auf drei Bereiche, nämlich „Energiewende und Ökologie“, „Gerechtigkeit“ und „moderne Gesellschaft“. Wobei jeweils 21 Anträge in den beiden letztgenannten Bereichen gestellt sind und 16 im Bereich Energiewende und Ökologie. In jedem dieser Bereiche können die Mitglieder jeweils drei Stimmen abgeben, und am Schluss gibt es dann noch eine Extrastimme, die verteilt werden kann, worauf man oder frau Lust hat. So. Selbst wenn der Laubfrosch sich also durchsetzen sollte, stünde er doch in einer Reihe von Schlüsselprojekten und wäre keineswegs die grüne Allroundwaffe gegen Frau Merkel.
Man kann der Meinung sein, dass es Augenwischerei ist, was da passiert, weil am Ende sowieso Sachzwänge entscheiden werden. Zunächst mal sollte man aber sachlich darüber berichten. Und ja: ich bin Mitglied der Grünen. Seit vielen Jahren und trotz allem aus Überzeugung. Und es gibt durchaus Dinge bei unserem Mitgliederentscheid, über die ich mich sehr wundere. Zum Beispiel die Frage, warum wir eine Telefonmarketingfirma beauftragt haben, alle Mitglieder anzurufen und auf den Mitgliederentscheid hinzuweisen und noch um eine Spende zu bitten. Der Laubfrosch wird auch nicht den Wahlkampf bestimmen – unsere Beschlüsse zu den Steuern werden es aber erfreulicherweise sehr wohl. CHRISTOPH BECKER, Stuttgart
Es fehlt die Bodenfrage
■ betr.: „Wählt den Laubfrosch!“, taz vom 24. 5. 13
In dem Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen wurden 58 Schlüsselprojekte den Parteimitgliedern zur Auswahl vorgestellt, aber das Thema zukünftige Landwirtschaft, Ernährung, Boden findet kaum Beachtung. Obwohl man eigentlich bei den Grünen wissen müsste, dass die allerwichtigste Lebensgrundlage der Menschen der fruchtbare Boden ist, diese 15 bis 25 Zentimeter hauchdünne, oberste belebte Schicht als Grundlage unserer Ernährung und allen Lebens auf diesem Planeten. Diese nutzbare Erdoberfläche verringert sich nach jüngsten Berechnungen durch Erosion, Wüstenbildung, Abschwemmung, Zubetonierung, vor allem aber durch zerstörerische landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden alle 5 bis 6 Minuten um die Größe von ca. 48 Fußballfeldern. Wir verlieren buchstäblich den „Boden unter den Füßen“. Was würde es denn nützen, wenn die grüne Energiewende, Ökologie, Gerechtigkeit, moderne Gesellschaft realisiert werden und die allerwichtigste Lebensgrundlage wird zu wenig beachtet? ERNST MESSMER, Lindau