LESERINNENBRIEFE :
Frauen auf Käßmanns Seite
■ betr.: „Taugt Margot Käßmann mit ihrem Rücktritt zum Vorbild?“, taz vom 27. 2. 10
Ich verstehe Frau Käßmanns Rücktritt, obwohl ich ihn bedaure. Das Verkehrsdelikt und der ungeheure Lärm darum hätte sie in ihrem Amt behindert, das ja unter anderem auch eine Vorbildfunktion hat. Ich meine aber, dass sie sich nach einer angemessenen Zeit der Einkehr wieder für dieses Amt zur Wahl stellen sollte und bin ziemlich sicher, dass sie gewählt werden würde. Viele Christen unserer Kirche, vor allem die Frauen, sind nach wie vor auf ihrer Seite.
RUTH REHMANN, Trostberg
„Gesetze für jede Sünde“
■ betr.: „Der Angriff im Bett ist zulässig“, taz vom 2. 3. 10
Juristen schaffen „Gesetze für jede Sünde“ (Shakespeare). Völkerstrafrechtler Claus Kreß belehrt uns Staunende, dass nicht nur schlafende „Terroristen“ „mit Recht“ getötet werden dürfen, obwohl sie im Schlaf nicht sündigen. Sie dürfen sogar in besetzten Gebieten getötet werden, wenn dort eine „Intifada“ herrscht. Das von den Herrschenden des Besatzungsstaats ausgesprochene Stigma „Terrorist“ reicht sogar aus, um unschuldige Zivilisten „mit in den Tod zu nehmen“, auch wenn der Geheimdienst oder das Militär des Besatzungsstaates davon wissen. Ich bin zwar Jurist, aber kein Völkerrechtsexperte noch ein Scholastiker. Ich meine, wenn das Gerechtigkeitsgefühl von „billig und gerecht denkenden Durchschnittsmenschen“ bei einer solchen Moralverdrehung innerlich laut aufschreit, dann fehlt den Profijuristen die emotionale Intelligenz, und nicht Otto Normalhumanist. Eine durch Not geborene Intifada soll einen Mord im besetzten Gebiet rechtfertigen, der nicht nur angeblichen Terroristen gilt, sondern sogar Unschuldigen? Dadurch verletzt doch die Besatzungsmacht ihre Pflicht auf Fürsorge bezüglich der besatzten Menschen. Wer so etwas rechtfertigt, rechtfertigt alles.
HANNES KÜPER, Werne
Nationaler Versöhnungsprozess
■ betr.: „Der arbeitslose Milizionär“, taz vom 2. 3. 10
Seit über 20 Jahren engagiere ich mich mit vielen anderen innerhalb des deutschen CVJM in der Partnerschaftsarbeit mit dem YMCA Sierra Leone und bin begeistert darüber, dass es in der letzten Zeit viel gute Berichterstattung über Sierra Leone in der taz gibt.
Der aktuelle Artikel spiegelt sehr realistisch die Lage im Land. Bemerkenswert: Es gibt einen nationalen Versöhnungsprozess. Die Menschen setzen nicht auf Rache, sie wollen die Vergangenheit hinter sich lassen und die Zukunft gestalten. Ein Freund hat zu mir gesagt: „Es gibt in jeder Familie Opfer und Täter. Nur durch Versöhnung haben wir eine Chance auf eine friedvolle Zukunft.“ Unter schwierigsten Bedingungen bewahren sich die Sierra Leoner viel Humor und vor allem eine beispiellose Gastfreundschaft gegenüber Fremden. Es ist gut, wenn immer wieder auch die kleinen Hoffnungsgeschichten erzählt werden. MARTINA SCHMIDT-HAGEMEIER, Ennepetal
Schmunzelnd lernen
■ betr.: „Bist du im Internet, Carl?“, sonntaz vom 27. 2. 10
Als alleinerziehende Mutter eines 14-Jährigen habe ich genau diese Diskussionen gerade mit meinem Sohn. Unser Eindruck war bisher: Wir sind die Einzigen, die miteinander über dieses Tabu sprechen, wir sind Außerirdische, oder wie mein Sohn formulierte, als ich meinte, wir könnten ja mal einen Softporno kaufen, ich wäre „abnormal“ (im positiven Sinne). Es war so ungeheuer erleichternd zu lesen, dass wir nicht alleine auf dieser Welt mit diesem Thema sind! Deshalb ganz, ganz herzlichen Dank für diese doppelseitige Aufmachung – sogar auf dem Titel. Wir konnten beide schmunzeln und beide noch was lernen.
Vielleicht gibt es ja wirklich irgendwann mal Tipps zu Pornos für Jugendliche, das wäre der Wahnsinn. Name ist der Redaktion bekannt
Arbeiten und Stillen
■ betr.: „Allzeit bereite Mutterbrust“, taz vom 27. 2. 10
Ich selbst habe zwei kleine Kinder, und bin voll berufstätig. Nach der Mutterschutzfrist, sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen danach, bin ich wieder in den Beruf eingestiegen und habe trotzdem beide Kinder sechs Monate gestillt. Tagsüber im Büro oder auf Dienstreisen habe ich die Milch gepumpt, die dann am nächsten Tag meinen Kindern per Flasche gefüttert wurde, morgens, abends und nachts habe ich es genossen, mit meinen Kindern beim Stillen eine ganz besondere, enge und liebevolle Zeit ganz für uns zu haben.
Es geht also beides – Arbeiten und Stillen. Das ist nur vielen werdenden Müttern nicht ausreichend bekannt, und das ist ein Grund für die noch immer mehrheitlich klassische Rollenverteilung mit der Frau zu Hause beim Kind und dem Vater, der arbeitet. Es gibt weitere: Die momentane Ausgestaltung des Elterngeldes, das durch die Nichtanerkennung gleichzeitiger Teilzeitarbeit beider Elternteile das Alleinernährermodell fördert, die bei weitem nicht ausreichenden Krippenplätze für Kinder bereits ab kurz nach der Geburt, der gesellschaftlich noch immer verbreitete Blick auf die arbeitende Mutter als Rabenmutter und die noch immer genauso weit verbreitete Nichtanerkennung von Männern, die Erziehungszeit in Anspruch nehmen. Das sind Themen, die man ansprechen und angehen sollte, wenn man dazu beitragen will, dass mehr Frauen sich für Beruf und Kind entscheiden. SANDRA GOLDSCHMIDT, Hannover