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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Heile Welt war gestern

■ betr.: „Immer mehr Verlage steigen aus dem Flächentarifvertrag aus. Jetzt wird gestreikt“, taz vom 7. 10. 13

Mit „ein bisschen was hergeben“, ist die heile Tarifwelt nicht herzustellen. Es gibt reichlich Haus- und Sanierungstarifverträge, die nachdrücklich deutlich machen, dass der Verzicht auf Tarifleistungen nicht belohnt wird. Dass „alles so bleiben soll wie bisher“ ist deshalb keine „Ideologie“ von Ver.di-Chef Bsirske, sondern Verhandlungspragmatismus. Sollen Gewerkschaften leichtfertig das Einkommen ihrer Mitglieder herschenken? Und wenn, was ist die Gegenleistung? Dass es weiterhin Tarifverträge gibt? Wer garantiert denn das? Die Verleger jedenfalls nicht.

Heile Welt war gestern. Jeder Cent, der bei Festen und Freien gespart wird, fließt nicht in journalistische Qualität oder die Gewährleistung angemessener Gehälter und Honorare, sondern in die Gewährleistung „angemessener“ Renditen für die Anteilseigner. Und wenn die Verleger „größere Intervalle bei Lohnerhöhungen“ fordern, dann haben sie glatt vergessen, dass es die in den letzten Jahren schon hinlänglich gegeben hat. BERND MANN, Neubiberg

Provinzielle Ignoranz

■ betr.: „CDU ernst, Grüne skeptisch“, „Zu schwach für Merkel“, taz vom 8. 10. 13

Bei einem derartigen Versuch, Politik zu entideologisieren und auf ein bizarres Faktengerüst zu reduzieren, wird mir schlecht. Davon abgesehen, dass ja auch bei den Einzelthemen himmelschreiende Unterschiede zutage treten, die dann im „Fazit“ kleingeredet werden: Politik ist mehr – oder sollte mehr sein – als eine Summierung von zufällig ausgewählten Einzelthemen. Wenn nicht einmal in der taz mehr darüber geredet wird, dass es grundlegend unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe gibt, dann gute Nacht.

Besonders bizarr ist die Auswahl der Themen: Internationales und Außenpolitik wird gleich ganz ausgeklammert, Europapolitik auf die Eurorettung reduziert. Zwei Tage nach dem Ertrinken Hunderter Menschen vor Europa durch eine von der CDU mitverantwortete Migrationspolitik, kein Wort über unterschiedliche Positionen zur Asylpolitik zu verlieren, grenzt an provinzielle Ignoranz.

All das soll nicht dazu dienen, die Politik der Grünen, die viel zu sehr nach einer imaginierten Mitte schielen, schönzureden. Aber mit so einer Pseudoanalyse, wie auf Seite 1 und 4, ist wirklich niemandem geholfen. PETER GALYNSKI, Dresden

Reichlich Handlungsbedarf

■ betr.. „Nachgehakt. NRW geht gegen ‚Kükenmord‘ vor“, taz vom 5. 10. 13

So einfach könnte das sein: Ein Minister verbietet das Töten der frisch geschlüpften Gockel. Welchen Einfluss die Agrarlobby hat, wird sich bei der Gewährung von Ausnahmen und langen Übergangsfristen zeigen. Allerdings ist auch der Verbraucher verantwortlich. Ein Legehennenbruder braucht mehr Futter und Zeit zum Wachsen, trotzdem bleibt sein Brustfleisch viel kleiner als das eines Masthybriden. Diesen Aufwand müsste der Eierpreis subventionieren. Bei Demeter-Hühnern ist das schon Praxis. Übrigens, in der DDR kostete ein Ei 30 Pfennig, der normale Stundenlohn lag bei etwa vier Mark. Man hat Eier bewusster verwendet, einen Mangel daran hatte niemand.

Anmerkung: Ich kaufe keinen holländischen Ziegenkäse, weil dort das Vergasen der neugeborenen Lämmer üblich ist, zu aufwendig und unökonomisch ist die Aufzucht. Liebe EU, da gibt es noch reichlich Handlungsbedarf. Unsere Frau Aigner beschränkt leider den Tierschutz auf die wenigen Zirkustiere, um so zu tun, als ob sie etwas täte. Sicher findet sie nach dem Ende ihrer Politikkarriere ein gut dotiertes Pöstchen beim Bauernverband oder Ähnliches.

ANTJE HEIMERL, Bernbeuren