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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Unglaubwürdige Friedensappelle

■ betr.: „Die auf den Altar sprang“, taz vom 27. 12. 13

Das Weihnachtsfest lockte Proteste hervor: Im Kölner Dom protestierte eine Frau zu Recht gegen die Unterdrückung der Frauen durch die katholische Kirche, und die Kirchen protestierten gegen Kriege und mahnten zum Frieden. Kirchenvertreter riefen unter anderem zu Abrüstung und Einstellung von Rüstungsproduktion und -export auf. Das ist alles sehr berechtigt, doch sind die Friedensappelle der Kirchen unglaubwürdig, solange sie die Bundeswehr, also eine Organisation, die Menschen zum Töten von Menschen ausbildet und einsetzt, durch die Militärseelsorge unterstützen und damit die Militarisierung der deutschen Außenpolitik absegnen, was der Gewaltfreiheit Jesu widerspricht. Glaubwürdig wären die Friedensappelle, wenn die Kirchen die Militärseelsorgeverträge kündigten und den Soldaten Seelsorge durch ortsansässige Pastoren und Pfarrer anböten. JOACHIM FISCHER, Bremen

Zauberwort „Intervention“

■ betr.: „Die Rehabilitation von Assad“, taz vom 28./29. 12. 13

„Intervention“ in Syrien scheint das Zauberwort von Bente Scheller zu sein – natürlich militärisch, doch davor „scheute sich die internationale Gemeinschaft“. Sie zählt einmal mehr die Gräueltaten des Assad-Regimes auf und warnt davor, es durch Verhandlungen „salonfähig zu machen“. Doch die Forderung nach Kriegseinsätzen der NATO ist reaktionär im doppelten Wortsinn. Wer in die Zukunft blickt, wird einsehen müssen, dass man sich seine Verhandlungspartner eben nicht aussuchen kann, wenn man hoch eskalierte Konflikte bearbeiten will. Aufarbeitung von Gewalt hat ihren Platz nach einem Friedensschluss – während der Kriegshandlungen sind Schuldzuweisungen eher kontraproduktiv. Dabei geht es nicht darum, wegzuschauen, sondern einzusehen: Auch das westliche Militär ist eben nicht allmächtig, sondern Kriegspartei, wie die Situation im Irak und in Afghanistan zeigen. BERTHOLD KEUNECKE, Herford

Wenig analytisch und ideenlos

■ betr.: „Die Rehabilitation von Assad“, taz vom 28./29. 12. 13

Starker Tobak, eine Seite Kampfpresse für den saudischen und türkischen Stellvertreterkrieg in Syrien. Was empfiehlt uns denn Frau Scheller? Sollen wir weiter das Embargo für alle lebenswichtigen Güter und Ersatzteile aufrechterhalten und stattdessen Almosen verteilen, die das Elend in keiner Weise adäquat lindern? Sollen wir weiter das Öleinfuhrembargo aufrechterhalten, damit noch mehr Syrer erfrieren? Sollen wir weiter die Türken und die Saudis ermuntern, wöchentlich Millionen Dollar für die Munition und Logistik der Dschihadisten aufzubringen, damit Syrien restlos zerstört wird und wir dann letztlich 20 Millionen Flüchtlinge haben?

Sollen wir weiter die über 200 namentlich bekannten Deutschen straffrei in Syrien morden lassen, damit ihnen möglichst viele weitere Dschihadisten nachreisen? Jede Menge solcher Fragen drängen sich auf, gepaart mit zornigem Entsetzen, wie wenig analytisch und wie ideenlos selbst als progressive geltende Medien und Stiftungen mit einem Thema wie der Zukunft Syriens umgehen. Ich erwarte mir mehr als das Bedauern einer Frau Scheller über die nicht abgeschossenen Marschflugkörper der USA. ROLF WALTHER, Ohlstadt

Zu viel Zeit für das Buch

■ betr.: „Feiert das Leben“, taz vom 24./25./26. 12. 13

Nie habe ich die Gelegenheit, beim Frühstück oder im Laufe des Tages mein Buch weiterzulesen, weil ich so gerne die taz und den täglichen Blick auf die politischen und kulturellen Ereignisse, gefüllt mit Informationen, die man sonst nie bekommt, lese und lesen muss. Nur an Wochenenden und Feiertagen habe ich Gelegenheit, mein Buch weiterzulesen. Denn an diesen Tagen steht so viel Uninteressantes in der taz, dies dann teilweise auch zu ausführlich. Schnell durchgeblättert und rein in mein Buch. Bitte auch an Wochenenden und Feiertagen mehr informative tagespolitische Berichterstattung. Gerne auch ausführlicher. Dann bleibt mein Buch zwar wieder am Bett, aber ich bin besser informiert über das Tagesgeschehen in Deutschland und der Welt. JUTTA GEILENKIRCHEN, Bonn

Unerfreuliche Bankenrettung

■ betr.: „Ja, wir mussten zahlen“, taz vom 28. 12. 13

Ich bin Fan Ihrer Artikel und Kommentare. Dieses Mal sind Sie allerdings „zu kurz gesprungen“. Die entscheidende Frage ist ja nicht, ob am Ende die EZB der „Hauptprofiteur“ des Rettungsschirms für Irland war, sondern welche „ausländischen“ Banken ihr Geld im Zuge der Krise aus Irland abzogen und wer dadurch „sein“ Geld (auf Kosten der Allgemeinheit und der irischen Rentnerin) gerettet hat.

Zudem ist Zypern ja gerade kein Beispiel dafür, was passiert, wenn alle Bankkunden (über 100.000 Euro) haften müssen, sondern ein Beispiel dafür, was passiert, wenn nur die Kunden haften müssen, die nicht rechtzeitig ihr Geld abziehen konnten, weil sie schlechter informiert waren als die großen Banken oder zu immobil waren, wie die zypriotischen Unternehmen, die mit ihrem Betriebskapital für die Spekulanten haften mussten. (Übrigens wunderbar erklärt in der großartigen Dokumentation von Harald Schuhmann: Staatsgeheimnis Bankenrettung; in der Arte-Mediathek.)

Bevor also gut durchdachte Vorschläge gemacht werden, sollte sauber benannt werden, warum denn das Ergebnis der Bankenrettung (nicht nur in Zypern) „unerfreulich“ ist. RAINER GRIESTOP, Melle