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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

SPD klaut grüne Ideen

■ betr.: „Verzicht auf fossile Großkraftwerke“, taz vom 27. 8. 10

Das ist ja schön, dass Herr Schäfer-Gümbel nun auch auf die Linie derer einschwenkt, die in der SPD bisher in der Minderheit waren, wie von Weizsäcker, Scheer, Ypsilanti und jüngst auch der Parteivorsitzende. Wenn dies nun wirklich Mehrheitsmeinung in seiner Partei wird, kann einen das als Umweltfreund nur freuen, auch wenn die Aussage zu den Kohlekraftwerken noch „Interpretationsspielraum“ offen lässt. Die weitere Politik der SPD wird erweisen müssen, wie weit die Partei als Ganze eine solche zukunftsorientierte Politik verwirklichen hilft. Was dem kritischen Bürger, der sich seit Langem mit der Materie beschäftigt, dabei sauer aufstößt, ist die Überheblichkeit, mit der jetzt gleich alles für die eigene Partei vereinnahmt wird: „Grün ist Zeitgeist, nicht Zukunft.“ Kann man einem Politiker trauen, der in dieser Weise all die abwertet, auf deren Schultern er steht und deren Ideen er geklaut hat? WOLFGANG WIEMERS, Münster

Sarrazin in der falschen Partei

■ betr.: „Das Problem Sarrazin“, taz vom 26. 8. 10

Sarrazin und kein Ende. Als Sozialdemokrat frage ich mich, wieso ist diese Person noch Mitglied der SPD. Warum hat sich meine Partei nicht längst dieser Person entledigt? Es wirft doch ein schlechtes Licht auf die Partei, ein so menschenverachtendes Mitglied in ihren Reihen zu haben. Merkt Sarrazin gar nicht, oder ist er so dumm, dass er in der falschen Partei ist? Der Unsinn, den er verzapft, mag ja von der Meinungsfreiheit gedeckt sein, mit den Zielen der Partei sind die Ausfälle nicht vereinbar. GÜNTER LÜBCKE, Hamburg

Routinemäßig „da“ hinfassen

■ betr: „Macht dem Elend ein Ende!“, taz vom 26. 8. 10

Was für eine traumatische Erfahrung für junge Männer, sich vor MedizinerIn nackt (!) ausziehen zu müssen! Und sich auch noch Leistenkanal und Hoden, gar die Prostata abtasten lassen zu müssen! Also erstens fand ich das 1976 bei meiner Musterung auch nicht prickelnd und dumm geredet wurde damals schon, stimmt! Zweitens jedoch bin ich jetzt seit über dreißig Jahren im Sanitätsdienst der Bundeswehr aktiv, kenne aber auch die zivil-kassenärztliche Seite der Medaille: Hodenkrebs, eine Erkrankung gerade des jungen Mannes, wird zivil oft „übersehen“, weil Arzt sich’s schlicht aus Marketinggründen nicht leisten kann, bei Jugendschutzvorsorge etc. jedem Jüngling „da“ routinemäßig hinzufassen. Weil Militärärzte „da“ aber immer hinfassen, wurde gar mal diskutiert, dass Wehrdienst den Hodenkrebs auslöse. Vergleichbares gilt für die kundige ärztliche Fingerkuppe im männlichen Enddarm auf der Prostata: Soldaten müssen das dulden, werden deshalb früher und heilbar diagnostiziert, zivile Männer verweigern vehement den oft lebensrettenden Tastbefund. Musterungsuntersuchung als gesetzlich erzwungene, lebensrettende Vorsorgeuntersuchung! HUBERT LAMBERTI, Bermel

Rechtswidrig in Haft

■ betr: „Protest gegen Verhaftung Akhanlis“, taz vom 28. 8. 10

Im Gegensatz zu Ihrem korrekten Bericht vom Vortag („Deutsch-türkischer Autor in Haft“) suggeriert Ihre Nachricht, dass an den Vorwürfen der türkischen Staatsanwaltschaft, Dogan Akhanli „soll an einem tödlichen Überfall beteiligt gewesen sein“, doch etwas dran ist. Aber schon wenige Tage nach der Inhaftierung von Dogan Akhanli haben die Zeugen der Anklage eindeutig ausgesagt, dass Akhanli nicht an dem Überfall beteiligt war. Trotzdem wird er rechtswidrig in Haft gehalten. PETER DIPPOLDSMANN, REGINE WITTRAM