LESERINNENBRIEFE :
Sex ist nicht strafbar
■ betr.: „IWF-Chef wegen Sex-Vorwürfen in Haft“, taz vom 16. 5. 11
Ist Euch nicht bekannt, dass Sex nicht strafbar ist?! Zu Recht strafbar ist aber sexualisierte Gewalt, und darum geht es hier, nicht um einen „Sexskandal“, wie Ihr es auch im Kommentar („Absturz eines Favoriten“) bezeichnet. „Gewaltskandal“ macht sich wohl nicht so gut. Auch auf Seite 3 beschleicht die Leserin der Verdacht, dass Ihr nicht wirklich zwischen einer Vergewaltigung und einer „außerehelichen Liaison“ unterscheidet: „Schon 2008 wäre der eben erst zum IWF-Direktor ernannte DSK um ein Haar über eine Sexaffäre gestolpert. Wegen einer außerehelichen Liaison mit einer ungarischen Mitarbeiterin.“ Ich wünsche mir in der taz eine klare Differenzierung zwischen Sexualität und Gewalt. MAREN KOLSHORN, Kassel
Gewalt ist kein Teil des Privatlebens
■ betr.: „Keusch sind nur die Medien“, taz zwei vom 17. 5. 11
Der Bericht, der durchaus interessante Informationen über frühere sexuelle Übergriffe des IWF-Chefs enthält, erklärt die diesbezügliche Zurückhaltung französischer Medien ausgerechnet damit, „dass das Privatleben und erst recht die sexuellen Praktiken oder Neigungen der PolitikerInnen und Spitzenfunktionäre tabu sind“. Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe sind aber keine „sexuelle Praktik“ oder „Neigung“ und auch nicht irgendein Teil des „Privatlebens“, sondern Gewaltakte. Mit ihrer Wortwahl unterstellt die taz in erzkonservativer, antiemanzipatorischer Manier, sexuelle Gewalt sei als eine Art sexuelle Vorliebe zu betrachten. Folgerichtig gelangt der Artikel zu der autoritären Schlussfolgerung, die „Nichteinmischung ins Privatleben“ könne „ziemlich perverse Konsequenzen“ haben. So wird gewollt oder ungewollt letztlich ein Weltbild bedient, in dem z. B. Homosexualität, offene Beziehungen oder Analsex den gleichen Status haben wie Vergewaltigung. HARTWIG SCHUCK, Berlin
Mitleidiges Greinen
■ betr.: „Unter Schwerverbrechern“, taz vom 18. 5. 11
Von einem guten Zeitungsbericht über das Weltgeschehen erwarte ich, dass vor allem auch das Niveau der Sprache dem Niveau der sich darstellenden Zeitung entspricht. Aber das, was mir mit diesem Bericht zugemutet wurde, ist schon eine Dreistigkeit! Dieses mitleidige Greinen über die ach so schlimmen Verhältnisse im Gefängnis! Und dann das Lächerlichmachen der Hotelangestellten, sie als „Hotelmaid“ abzukanzeln – einfach geschmacklos und unsensibel. Auf so einen Journalismus bitte ich zu verzichten, das hat die taz wahrlich nicht nötig. SIBYLLA M. NACHBAUER, Erlangen
Triviales auf der Seite 1
■ betr.: „Nächstes Jahr in Baku“, taz vom 16. 5. 11
Heute Morgen habe ich meinen Augen nicht getraut: Dass so etwas Oberflächliches und Triviales und absolut Unbedeutendes wie der Eurovision Song Contest es bei Euch auf die Seite 1 geschafft hat. Das ist unterstes Niveau. Solch eine „Musik“ tut meinen Ohren weh und hat mit Kultur im weitesten Sinne meines Erachtens nichts mehr zu tun. Wenn Ihr so weitermacht, verliert Ihr auch noch den letzten Rest an Anspruch, mit dem Ihr 1979 begonnen habt.
WILFRIED ZAUN, Neumünster
Auf Seite 1 getaumelt
betr.: „Nächstes Jahr in Baku“, taz vom 16. 5. 11
Pardon, aber: Geht’s noch? Wenn es denn unbedingt sein muss, könnt Ihr Euch ja gerne vor und nach dem Song Contest unter „Gesellschaft + Kultur“ darüber auslassen. Aber auf der Titelseite über der Headline ein Foto vom „Siegestaumel“? Ich fasse es nicht!
RENATE EXNER, München
Weiter gute Arbeit machen
■ betr.: „Das Monster von Ürzig“, taz vom 14. 5. 11
In seiner verständlichen Entrüstung über den Nun-doch-Bau der Hochmoselbrücke sagt Herr Ehrlich in dem Artikel: „Nun sind sogar die Grünen in den Koalitionsverhandlungen auf diesen Kurs eingeschwenkt“, und „Die Entscheidung zeigt, dass die jetzige Generation der Grünen keine kulturpolitische Radikalität mehr hat: Sie sind in der Mitte angekommen – und selbst mittelmäßig geworden.“ Nein, so ist das nicht; dieses Urteil ist überzogen. Denn die Grünen mussten sich fügen bzw. diese Kröte schlucken. Was sollen sie mit ihrer Minderheit auch machen, wenn alle anderen Parteien für das Brückenmonster sind? Die Koalitionsverhandlungen ganz platzen lassen!? Nein, sondern weiter gute Arbeit machen, wo immer möglich, und noch stärker werden! RAINER DYCKERHOFF, Mannheim
Realitätsverlust in Sachen Gestapo
■ betr.: „verboten“, taz vom 18. 5. 11
Noch nie war die Gestapo so niedlich. Es fehlen nur die Angaben, wie viele der Erfassten einer „Sonderbehandlung“ zugeführt wurden und wie viele in ein „Konzertlager“ kamen. Die taz sollte als Mittel gegen solchen Realitätsverlust in Sachen Gestapo z. B. einen Artikel bringen über den auf Tatsachen beruhenden Film: „Rom, offene Stadt“. HANS-J. HECKEMANN, Dresden