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Kutips zum Wochenend

Zehn – ach was – elf Briefe überfluteten in dieser Woche unsere kleinen Redaktionsräume. Leider konnten wir keinen einzigen lesen. Denn den AbsenderInnen flossen offensichtlich während der Niederschrift gewaltige Ströme an heißen Tränen auf das Briefpapier und verursachten dort große Brandlöcher. Aber wir wissen natürlich auch so, was diese überwältigende emotionale Reaktion bedingte: Unsere bisher nur einem Fachpublikum bekannte Dichterin Christel Looks-Theile, deren Gedicht wir in der letzten Woche an dieser Stelle veröffentlicht haben.

Ihr ergreifend-schlichtes Poem über die unheimliche Kraft des Sommers, über seine Fähigkeit, ganze Völker zu verbinden und alle Probleme der Welt unter heißen Sonnenstrahlen zu verkochen, schien uns die letzte Möglichkeit zu sein, Sie und uns vor der schrecklichen „Sommer?Haha!Sommer??Huahahahaaa...“-Depression zu bewahren. Und nun, da wir alle doch noch gerettet sind, können wir uns lotussitzend einer weiteren Offenbarung aus der Feder von Christel Looks-Theile zuwenden.

Wenn ich die Augen schließe..... / träume ich, / sehe ich dich, / spüre deine Nähe, / fühle deine Hände, / höre deine Stimme, / streichele dein Gesicht. / .... aber wenn ich sie / dann öffne, / bist du nicht mehr da.

Erschütternd. Einfach erschütternd. Wieder diese pointierte Schlichtheit, wieder diese in Versform geronnene Lebensklugheit, wieder diese dramaturgisch überraschende, herzzerreißende Wendung am Schluß. Lesen Sie das Gedicht doch mal eben, ganz spontan, Ihrem brummelig dreinblickenden Lebensabschnittsgefährten vor, der neben Ihnen am Frühstückstisch sitzt und darauf wartet, daß Sie endlich die taz bremen rausrücken. – Und, was ist passiert? Wir wußten es. Erstmals seit zwei Jahren reden Sie wieder miteinander, gestehen sich Ihre Liebe, stammeln Kosenamen in Reimform und flüstern, daß Sie niemals wieder Ihre Augen öffnen wollen, ohne in das verpennte Gesicht ihres Liebsten zu gucken. All das verdanken wir alle erneut unserer Christel Looks-Theile. Danke, danke, danke.

Und wo Sie gerade wieder miteinander ins Gespräch gekommen sind: Nutzen Sie diese einzigartige Gelegenheit und beraten Sie darüber, wie der Abend dieses denkwürdigen Tages ebenfalls ein Erfolg werden kann. Im Tivoli läuft die Titty Twister Party (Sa, 22 Uhr). Im Schnürschuhtheater heißt es Bleib doch bis zum Frühstück (Sa+So, 20.30 Uhr), im Jungen Theater lockt Wer will, der kann! (Sa, 20 Uhr), im Theater am Goetheplatz schließlich lieben sich Porgy and Bess (Sa+So, 15+20 Uhr). Im Modernes spielen Terrorgruppe & Camelboy (So, 21 Uhr), während in der Oldenburger Kulturetage Hanna Schygulla rezitiert und singt (So, 21 Uhr).

Und in der nächsten Woche werden Sie wieder am Frühstückstisch sitzen, sich noch immer wie frisch Verliebte in die geschlossenen Augen schauen und ungeduldig warten auf die nächste Erleuchtung. Wieder durch Christel Looks-Theile? Wer weiß ... taz

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