piwik no script img

Kurden verbünden sich

■ Im Irak gründeten Barsanis DPKI und Talabanis PUK nach jahrelangen Auseinander– setzungen eine Allianz / Konfliktpunkt war die Kooperation mit Teheran

Berlin (taz) - „Wir sind etwas überrascht, aber die Information stimmt.“ Mit diesen Worten bestätigte Kemal Fuad, Vertreter der „Patriotischen Union Kurdistans“ (PUK) die Meldung der iranischen Nachrichtenagentur IRNA, am Wochenende hätten sich die beiden wichtigsten kurdischen Oppositionsgruppen des Irak - eben die PUK und die Demokratische Partei Irak - zusammengeschlossen, um nun gemeinsam den Kampf gegen das Regime in Bagdad aufzunehmen. Einzelheiten des Abkommens sind noch nicht bekannt. Daß die beiden kurdischen Organisationen sich jedoch jetzt von Teheran aus kommandieren lassen, hält Kemal Fuad für völlig ausgeschlossen. „Unsere Pesmerghas (kurdische Guerilla) würden das nie akzeptieren.“ Die Nähe bzw. Abhängigkeit vom Iran war denn auch in der Vergangenheit einer der Hauptkonfliktpunkte. Im Gegensatz zur PUK hatte die Demokratische Partei unter Füh rung der beiden Barsani Brüder bereits kurz nach Ausbruch des Golfkrieges die Kooperation mit Teheran gesucht und sich damit in entsprechende Abhängigkeiten begeben. Die Konkurrenz zwischen PUK und DPKI reichte aber noch erheblich weiter zurück. Seitdem Mitte der 70er Jahre die alte Demokratische Partei auseinandergebrochen war, beanspruchten beide Organisationen die Vorherrschaft im irakischen Kurdistan, die sie zeitweise auch mit Waffengewalt gegen die jeweils andere Gruppierung durchzusetzen versuchte. Daß es zwischen beiden Parteien über Jahre zu keiner Einigung gekommen war, war nicht zuletzt der Feindschaft zwischen den Führungsfiguren beider Seiten geschuldet, die aus der Vergangenheit viele Rechnungen miteinander offen hatten. Um so mehr überrascht, daß eine Einigung jetzt ausgerechnet in Teheran zustandekam, ein Umstand, der einem Canossa–Gang der PUK gleichkommt. Nach den Worten von Fuad war die PUK in den letzten beiden Jahren in keine der ständig fluktuierenden Widerstandsfronten im Irak mehr eingebunden, mit anderen Worten ziemlich isoliert. Ihre Angebote an die Barsanis, sich in Kurdistan zu treffen um über eine Allianz zu reden, waren monatelang hinhaltend beantwortet worden ohne daßes zu einer Entscheidung kam. Als letzten Ausweg, die Isolation zu durchbrechen und wieder an Waffen und Nachschub zu kommen, ist Talabani nun auf die Bedingungen der Barsanis eingegangen und der Einladung nach Teheran gefolgt. Da Einzelheiten der Vereinbarung in Europa noch nicht bekannt sind, fällt es im Moment noch schwer, die konkreten Auswirkungen des Zusammenschlusses abzuschätzen. Als sicher kann aber wohl gelten, daß Teheran seine Unterstützung der PUK von Bedingungen abhängig gemacht hat, die ihm seine Kriegsführung im Irak erleichtert. JG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen