Kunstrundgang : Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um
Der Rummel um die angeblich neue und angeblich auch aufregende Malerei hat sich 2005 gehalten. Zum Beispiel bei Gabi Hamm, deren Bilder im Info der Galerie Arndt & Partner als „keineswegs rückwärtsgewandt“ dargestellt werden, sondern die, wie es allen Ernstes heißt, „eine stille Würde“ vermitteln, „die unserer schnelllebigen Zeit eine alternative Sichtweise entgegen hält“. Genauso konservativ sehen die porzellanhaft erstarrten Frauenbildnisse und Landschaften auch aus: Strenger Klassizismus mit einem Hang zum Weltschmerz.
Marcus Sendlinger lockt dagegen mit einer comicartigen Einladungskarte zu „spacial disorientation“ in die Galerie Jette Rudolph. Tatsächlich sind seine großformatigen Gemälde wilde Farblabyrinthe, in denen das Auge kaum Halt findet. Mal irrt der Blick über Farbschichten aus verwinkelten Geometrien, mal stürzt man über gestrichelte Linien, mit denen Sendlinger die Oberflächen in Pattern und Raster zerlegt. Diese Malerei ist nicht nur schnell, sie spielt auch mit einer computergeschulten Wahrnehmung von Räumlichkeit.
Raoul de Keyser experimentiert ebenfalls mit dem Auge des Betrachters, nur viel dezenter. Ein Hauch von Gegenständlichkeit durchzieht seine Küstenstreifen, wobei die Betonung weniger auf Küste, sondern vielmehr auf Streifen liegt. Es sind unbestimmte, in ihrer Farbigkeit auf erdbraun und flaschengrün reduzierte Landschaften, die an den späten Impressionismus eines Edouard Vuillard erinnern, bei dem das Fenster zur Abstraktion ja auch schon offen stand.
Und dann findet sich noch ein Eckchen für Pop. Yves Oppenheims Gemälde nehmen das Orange und Rosa von Warhol auf und streuen es lässig über pflanzenartige Wucherungen. Ganz sicher ist auch eine Frau am Strand dabei, nur lösen sich ihre Haare und der Sand in grellem Gelb auf. Das sieht toll aus, ganz einfach.