Kundenberatung in der Bank: Fiese Geschäfte am Kapitalmarkt
Angestellte in den Bankfilialen sind eher Verkäufer als Berater. Werden sie trotz Krise unseriös beraten, will die Regierung die Branche zu mehr Transparenz zwingen.
Verbraucherministerin Ilse Aigner will Privatanleger besser vor unseriösen Angeboten und schlechter Beratung durch die Banken schützen. Im kommenden Jahr sollen dafür eine ganze Reihe gesetzlicher Änderungen auf den Weg gebracht werden. Anlass ist die seit langem kritisierte schlechte Beratung in den Kreditinstituten.
Die Stiftung Warentest hat festgestellt, dass sich die Qualität der Beratertipps nichts geändert hat, obwohl Kleinsparer dadurch in der Finanzkrise viel Geld verloren haben. Nicht eine der getesteten 21 Banken konnte mit guten Empfehlungen glänzen. "Ich habe den Bankenvertretern gesagt, dass wir dies nicht tolerieren werden", sagte Aigner nach einem Treffen mit den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft.
Eine Forderung des Ministeriums ist die Einführung eines leicht verständlichen Informationsblattes für die gängigen Bankprodukte. "Es muss klar sein, welche Rendite, welche Kosten und welche Risiken damit verbunden sind", erläuterte die CSU-Politikerin. Einen Vorschlag dafür hatte das Ministerium bereits im vergangenen Sommer vorgestellt. Doch außer der ING Diba wollte kein Institut freiwillig für mehr Transparenz sorgen. Erst nach der Veröffentlichung der jüngsten Testresultate in dieser Woche kündigte die Deutsche Bank ein Infoblatt an. Laut Aigner hat der Bankenverband nun zugesagt, dass die gesamte Branche in den nächsten Monaten ähnlich verfahren will. Wenn nichts geschieht, soll die Finanzwirtschaft per Gesetz zu mehr Offenheit verpflichtet werden.
Angestellte in den Bankfilialen sind eher Verkäufer als Berater, wie auch der jüngste Test belegt. Die Prüfer wollten 30.000 Euro für fünf Jahre sicher zu einem Zins von 4 Prozent anlegen. "Den Leuten sind Aktienfonds verkauft worden, und eine Sparkasse hat sogar Goldfonds angeboten", berichtet Hermann-Josef Tenhagen von Finanztest, deren Prüfer fast 150 Zweigstellen aufgesucht haben. Besonders pikant ist dabei, dass viele Institute gegen Gesetze verstoßen, zum Beispiel den finanziellen Status der Kunden nicht ermitteln oder keine passenden Anlagen offerieren. Nun prüft die Bundesfinanzaufsicht mögliche Rechtsverstöße.
Die Berater neigen zum Verkauf von Anlagen, die ihrem Institut besonders viel einbringen. So wurden manchen Testkunden Rentenversicherungen und Bausparverträge aufgedrängt, die im gewünschten Anlagezeitraum kaum etwas einbringen, jedoch provisionsträchtig sind. Doch in die Geschäftspolitik der Unternehmen kann Aigner nicht eingreifen. Deshalb will die Bundesregierung die unabhängige Beratung fördern. So müssen sich Finanzberater bald gegen falsche Ratschläge versichern. Dann könnten Kunden, die durch schlechte Tipps geschädigt wurden, auf Schadensersatz hoffen.
Ab dem 1. Januar werden die Informationspflichten der Finanzprofis ohnehin verschärft. Nach jedem Gespräch in der Bank oder anderswo muss den Kunden ein Beratungsprotokoll ausgehändigt werden, aus dem die Grundlagen der Anlageentscheidung hervorgehen.
Aigner will sich auch den sogenannten grauen Kapitalmarkt vorknöpfen. Dabei handelt es sich um Angebote, die bisher nicht unter die Finanzaufsicht fallen. Dazu gehören zum Beispiel Fonds für Windkraftwerke oder bestimmte Unternehmensbeteiligungen. Anleger büßen bei unseriösen Firmen dieser Sparte jährlich viele Millionen Euro ein. Die Bundesregierung will dem Problem mit einer verstärkten Prospekthaftung und mehr Aufsicht zu Leibe rücken.
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