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Archiv-Artikel

kommentar Kulturpolitik als Kuhhandel?

Eines muss man ihm lassen: Hartmut Perschau, der als Kultursenator bisher im Unsichtbaren glänzte, hat mit seinem vorweihnachtlichen Haushalts-Coming-out Akzente gesetzt – allerdings zum Gutteil die falschen.

Richtig ist zunächst die Strategie, durch einen nennenswert gefüllten Fördertopf Projektanreize zu schaffen. Für den Prozess „Kulturhauptstadt“ ist das unerlässlich, und auch die alltägliche Bremer Kulturpolitik krankt schon lange daran, dass durch die weit gehende institutionelle Festlegung der Mittel kaum Spielräume für inhaltliche Akzentuierungen übrig blieben. Angesichts der Sparquoten in Ressorts wie Soziales und Gesundheit ist es auch nachvollziehbar, dass dieses „Gestaltungsgeld“ durch eine pauschale Ein-Prozent-Kürzung aufgebracht wird. Die Schließung beziehungsweise heftige Gängelung von Einrichtungen wie dem Schnürschuh und dem Kito steht jedoch auf einem ganz anderen Blatt.

Man wird den Eindruck nicht los, dass ihnen weniger aus finanziellen als aus politischen Gründen der Hahn zugedreht wird. Zum Beispiel, um als linke „Einspar-Äquivalente“ zur Eliminierung des Waldau Theaters herzuhalten, die der CDU nur mühsam abgetrotzt werden konnte. Eine wilde Verschwörungstheorie? Eher ein nahe liegender Kuhhandel – bei dem es nicht um Geld geht. Immerhin konnten vier Millionen Euro zusätzlich in den kommenden Kultur-Doppelhaushalt zu Gunsten entlassener Mitarbeiter eingestellt werden. Das ist fast das Fünfzehnfache der für Schnürschuh und Kito bislang aufgebrachten Summen.

Für die Betroffenen sind diese politischen Manöver umso bitterer, als die Verfahrenheit der Waldau-Krise – bei der in der Tat nur ein klarer Schnitt hilft – extrem hausgemacht ist. Das dortige Problem ist der Intendant, und das ist seit Jahren bekannt. Weil der trotz ebenso himmelschreiender wie kostspieliger Selbstherrlichkeiten, gepaart mit organisatorischem Unvermögen, von politischen Patronen insbesondere innerhalb der CDU gedeckt wurde, muss jetzt das ganze Haus dran glauben – immerhin das zweitgrößte Theater Bremens. Und mit ihm das Schnürschuh und die Autonomie des Kito.

Man hätte dem Projekt „Kulturhauptstadt“ gewünscht, seinen Fördertopf mit weniger unappetitlich vermengten Geldern und Vorgängen gefüllt zu bekommen.

Henning Bleyl