: Kulturhauptstadt manipuliert?
betr.: „Essen für Kulturhauptstadt“ und „Misswahlen“ (Kommentar), taz vom 21.5.04
Das Bewerbungsverfahren um den Titel Europas Kulturhauptstadt 2010 war klar, die tatsächlichen Bewertungskriterien waren und sind es bis heute nicht. Jurymitglieder haben Münster in Fragen der Bewerbung, Performance und Bürgerbewegung den ersten Platz bestätigt, doch der Zuschlag ging an Essen. [...]. Bei der Entscheidung der Jury bleibt ein schaler Nachgeschmack wegen des Verdachts politischer Manipulation. Leider besteht durchaus Grund zu der Annahme, dass das informelle Kriteriennetz von der Landespolitik so gestrickt wurde, dass eine formal noch so unabhängige und landesfremde Jury nur Essen bzw. das Ruhrgebiet wählen konnte. Auch die mündlich vorgetragene Begründung, der Strukturwandel in dieser Region sei „spannend“, erinnert mich an die Strukturförderungspolitik der Düsseldorfer Landesregierung, die allzu oft Westfalen vornehmlich nur als ländlichen Ergänzungsraum wahrzunehmen scheint. [...]
KAJO SCHUKALLA, Münster
Was spricht gegen Wettbewerb? Ich fand es richtig, das der Bewerbungsprozess etwas angeruckelt hat und nicht klammheimlich lief. [...] Ansonsten können alle beteiligten Städte das als weitere Chance begreifen und nutzen. Köln könnte von der arroganten Haltung (Schramma u.a. als Kulturnabel der Welt) runter kommen und endlich eine andere neue Kulturpolitik machen, wie die Gegenbewegung „Köln für Münster“ es u.a. für Köln gefordert hatte. Münster damit, den Blick von außen auch stärker zuzulassen (das piefige, kleinkarierte, provinzielle und klerikale Bild stimmt schon lang nicht mehr so, hat sich nur nicht allgemein herum gesprochen) und den Schwung der Beteiligung vieler zu nutzen. Für das Ruhrgebiet ist das die Chance für die freie Kulturszene. [...]
RAINER BODE, Münster