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Küstenmanagement gegen Sturmfluten

Klimaforscher beraten über Schutz der Küsten bei steigendem Meeresspiegel / Deutsche Kohlepolitik steht im Widerspruch zum versprochenen Klimaziel der Bundesregierung  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Das Meerwasser steigt und steigt. Im niederländischen Noordwijk hat deshalb gestern eine internationale Küstenkonferenz begonnen, die den betroffenen Inselstaaten und Küstenregionen beim Kampf gegen die ansteigenden Fluten helfen will. Der Generalsekretär der World Meteorological Organization, Godwin Obasi, warnte zu Beginn der Konferenz, die Gefahr von Sturmfluten sei weltweit rapide gewachsen. Und nicht nur das. Der steigende Seewasserspiegel ist auch ein erhebliches Problem für die Trinkwasserversorgung in Küstenregionen, weil Flüsse und Grundwasserreservoire versalzen.

Der Chefmeteorologe wies vor 300 Wissenschaftlern und Politikern aus 95 Ländern darauf hin, daß sich die Probleme nicht auf die Entwicklungsländer beschränkten. Westliche Hafenstädte und ihre Handelsströme seien genauso in Gefahr wie der Tourismus zu den Traumstränden des Globus. Vor allem in den Entwicklungsländern gebe es aber kaum Einrichtungen, um die Veränderungen zu beobachten – und schon gar keine, um die Menschen notfalls schützen zu können.

Den Wissenschaftlern und Politikern in Noordwijk schwebt in erster Linie ein Küstenmanagement vor, um die negativen Auswirkungen der globalen Erwärmung besser zu beherrschen. Fallstudien sollen bis zum Jahr 2000 übertragbare Resultate zum Küstenschutz bringen, verschiedene Schutzmöglichkeiten bewertet werden.

Der beste Schutz vor dem Anstieg des Meeresspiegels spielt auf der Konferenz in den Niederlanden nur eine untergeordnete Rolle – eine vorbeugende Klimaschutzpolitik. Bei der Umsetzung einer solchen Politik hapert es international ganz gewaltig. Die deutsche Bundesregierung gilt zwar international als Vorreiterin, weil sie versprochen hat, die deutschen Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2005 um mindestens ein Viertel zu verringern und damit einen Beitrag zur Verlangsamung des Treibhauseffekts zu leisten.

Eine neue Studie zweier Wuppertaler Wissenschaftler weist nach, daß die Regierung Kohl dabei ein leeres Versprechen abgegeben hat. Die Wissenschaftler Reinhard Loske und Peter Hennicke vom Wuppertal Institut für Klima, Energie, Umwelt zeigen, daß die Kohlepolitik der Regierung und die versprochene Klimapolitik nicht vereinbar sind. Sie rechnen vor, daß die „beabsichtigten Kohleeinsatzmengen mit dem Klimaschutzziel der Bundesregierung nicht in Einklang stehen“. Diese „politische Doppelbödigkeit“ unterhöhle die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik in der internationalen Umweltpolitik.

Die Wissenschaftler werden dabei sehr konkret: Das Klimaschutzziel der Bundesregierung beinhalte „implizit eine absolute Mengenreduktion des Marktvolumens für alle fossilen Energieträger“. Doch sowohl der geplante Braunkohletagebau Garzweiler II im Kölner Revier als auch die vorgesehene Nutzung der Steinkohle an Ruhr und Saar seien deutlich größer als nach den klimapolitischen Zielen der Bundesregierung sinnvoll.

Statt der 100 Millionen Tonnen Braunkohle, die in Garzweiler II jährlich gefördert werden sollen, dürften höchstens 75 Millionen Tonnen abgebaut werden. Bei der Steinkohle dürften im Jahr 2005 maximal 40 Millionen Tonnen Steinkohle eingesetzt werden – einschließlich Importkohle.

Um diese Mengen optimal zu nutzen und in der Kohletechnologie den Standort Deutschland zu erhalten, fordern die Autoren den vermehrten Einsatz fortschrittlicher dezentraler Kraft-Wärme- Kraftwerke, die dann mit Kohle betrieben werden könnten. Große Kohlekraftwerke ohne richtige Abwärmenutzung wie in Bexbach, Franken, Gelsenkirchen und im niedersächsischen Wilhelmshaven geplant, verringerten sogar die langfristigen Chancen der Kohle. „Die Kohle hat zukünftig nur eine Chance mit modernster, dezentraler Kraftwärmekoppelung und in Gas- und Dampf-Anlagen.“

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