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Künstlerpech

Künstler, die keine Stars sind, sind arme Schlucker, daran hat sich in diesem Jahrhundert wenig geändert. Folglich ist eine Miet-Doppelbelastung für Wohnung und Atelier für die meisten von ihnen nicht tragbar, so daß viele von ihnen entweder in ihrer Wohnung zwischen Herd und Dusche arbeiten oder versuchen, in ihren Ateliers auch zu wohnen. Interessiert ersteres kein Schwein, so gibt es bei der Legalisierung der Mischlösung im Atelier immer wieder Ärger mit Vermietern und Behörden. Obwohl viele der Künstler wenig Probleme mit Gemeinschaftsduschen und Schlafwohnküchen hinter einem Stapel von Leinwänden haben, stellen sich gerade die staatlichen Träger immer wieder an, als müßten sie alle Welt mit den unsinnigen Maximen der Sozialwohnung für die deutschen Kleinfamilie heiligen.

In einer kleinen Anfrage hat nun der umtriebige Kulturfachmann der CDU, Klaus Lattmann, den Senat um eine Stellungnahme zu der Mischnutzung von Ateliers gebeten, deren Beantwortung die bürokratische Lethargie im Umgang mit unbürokratischen Lösungen mal wieder kraß offenlegt. Mit fehlenden „bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen“ und dem Hinweis auf die angeblich sehr hohen Kosten eines Umbaus wird das Problem erfolgreich von sich gewiesen, wobei völlig ignoriert wird, daß etwa in dem neuen Atelierhaus Stresemannstraße mit geringen Umbauten die Wohnbedürfnisse der Künstler vollauf befriedigt werden könnten.

Zu Lattmanns Frage, ob denn in den großen öffentlichen Wohnbauprojekten wie Allermöhe, Farmsen oder Schnelsen nicht Künstlerateliers mitgeplant werden könnten, verweist der Senat auf die von ihm abhängigen Bauträger, von deren „entsprechenden Überlegungen“ dem Senat nichts bekannt sei. Kein Wunder, wenn man die Bauträger nicht darauf verpflichtet. So verschanzt sich der Unwille von Behörden, für die Bedürfnisse der Bürger zu planen, mal wieder hinter den beiden berühmtesten Leitsätzen des Beamten: „Ist rechtlich leider nicht möglich“ und „Sind wir nicht für zuständig“.

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