: Kronprinz Tandler empfiehlt sich
■ CSU-Generalsekretär und Landtagsfraktionsvorsitzender Tandler wird neuer bayerischer Wirtschaftsminister / Wirtschaftsministerium soll um zwei Bereiche erweitert werden
Kronprinz Tandler empfiehlt sich
CSU-Generalsekretär und Landtagsfraktionsvorsitzender
Tandler wird neuer bayerischer Wirtschaftsminister /
Wirtschaftsministerium soll um zwei Bereiche erweitert
werden
Aus München Luitgard Koch
Obwohl die entscheidende Sitzung im bayerischen Landtag erst heute nachmittag über die Bühne geht, steht bereits fest: CSU-Generalsekretär und Vorsitzender der Landtagsfraktion, Gerold Tandler (51), wird heute Bayerns neuer Wirtschaftsminister. Indiz dafür: Die Tagesordnung für die heutige Fraktionssitzung wurde um den Punkt „Wahl des Fraktionschefs oder die Berufung eines mit der Führung der Geschäfte der Fraktion bis zur Neuwahl Beauftragten“ erweitert. Als neuer Fraktionschef soll Alois Glück (48) vorgeschlagen werden. Der Oberbayer Glück schlägt in Sachen Umweltpolitik moderatere Töne an und gilt als „grüner Hoffnungsträger“ der CSU. Angeblich stehen 70 bis 80 Prozent der CSUler hinter ihm.
Tandler, der Postwirt aus Altötting, der bisher schon in seiner Doppelfunktion als Generalsekretär und Fraktionsvorsitzender als zweitwichtigster Mann nach Strauß galt, tritt damit die Nachfolge von Anton Jaumann (61) an. Der Schwabe war vor kurzem aus gesundheitlichen Gründen - es waren nicht zuletzt seine Trinkgewohnheiten, die ihm zusetzten - als Wirtschaftsministers zurückgetreten. Um dem Scharfmacher Tandler - besonders in seiner vierjährigen Amtszeit als bayerischer Innenminister machte er diesem Ruf mit den Nürnberger Massenverhaftungen 1981 im Jugendzentrum KOMM, alle Ehre - den sonst eher unspektakulären Posten schmackhaft zu machen, ist bereits eine Aufwertung geplant. Das Wirtschaftsressort soll mit dem Forschungs- und Wissenschaftssektor sowie den Kompetenzen für Landesplanung aus dem Umweltministerium zum „Superministerium“ aufgestockt werden. Diese Änderung der Geschäftsbereiche will Strauß, wie bereits bei der Teilung des Kultusministeriums in Wissenschaft und Erziehung, heute ohne vorherige Information der Landtagsabgeordneten eigenmächtig durchziehen. Gegen diesen Verstoß gegen die bayerische Verfassung prostestierte nicht nur die grüne Landtagsabgeordnete Ruth Paulig. Auch Wissenschaftsminister Wolfgang Wild empörte sich bereits über diese Kompetenzbeschneidungund denkt laut über seinen Verbleib im Kabinett nach. Als bayerischer Struktur- und Planungsminister kann sich der ehemalige Banklehrling Tandler, ein Wirtschaftsstudium wie sein Vorgänger hat er nicht, sein Image in Richtung jovialer Landesvater bis zur Strauß-Pensionierung 1992 etwas aufpolieren. Denn als besonders leutselig ist er nicht berühmt. Zum anderen muß er sich als Wirtschaftsminister im Freistaat auch nicht besonders anstrengen. Außer im Grenzland floriert die Wirtschaft, die Ansiedlung von High-Tech-Betrieben ist kein Problem.
Auch der Rücktritt von Sozialminister Karl Hillermeier (65), der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, wird erwartet. Den ältesten Minister im Kabinett Strauß soll der derzeitige Staatssekretär im Kultusministerium, Gebhard Glück (51) aus Passau, ersetzen. Seinem ausgeschiedenen Wirtschaftsminister mit den meisten Aufsichtsratsposten (Jaumann ist Aufsichtsratsmitglied bei den Bayerwerken AG, Rhein-Main-Donau AG, Vereinigte Aluminiumwerke, Innwerke und der Münchner Messegesellschaft) schenkt man wenig Aufmerksamkeit. Gleichzeitig mit der Vorstellung des Nachfolgers wird Jaumann heute entlassen.
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