: Kriterien-Chaos bei Kindersitzen
■ Autositze für den Nachwuchs können gefährlich sein / Die Prüfnorm ist überholt
Gabriele Schwupp will nur das Beste für ihr Kind. Auch beim Autofahren. Doch welchem Autositz kann sie ihr Kind anvertrauen? Fest steht: Der Erwachsenengurt reicht in den ersten Lebensjahren keinesfalls aus.
Beim Kauf muß sich Frau Schwupp zwischen vier Gruppen entscheiden: Babyschalen, –wannen oder Kinderwagenaufsätze eignen sich für Kinder bis zu zehn Kilogramm, sind also bis zu einem Alter von etwa neun Monaten richtig. Die nächste Generation ist für Jungen und Mädchen von neun bis 18 Kilo gedacht, also etwa bis zum vierten Lebensjahr. Für Drei- bis Sechsjährige mit einem Gewicht zwischen 15 und 25 Kilo gibt es wieder andere Sitze, spezielle Polster oder Kissen. Und für Schulkinder bis zu 12 Jahren werden vorwiegend Sitzschalen oder Polster angeboten. Damit sitzen sie so hoch, daß sie den Erwachsenengurt benutzen können.
Alle im Handel angebotenen Sitze sollten das orangene ECE-Prüfzeichen tragen. Die dahinterstehende europäische Prüfnorm ist jetzt jedoch in die Kritik geraten: Während die Stiftung Warentest einen Großteil der Sitze mit den Noten „gut“ oder „zufriedenstellend“ beurteilte, vergab die Zeitschrift „auto, motor und sport“ bis auf eine Ausnahme das Prädikat „nicht empfehlenswert“. Die unterschiedliche Einschätzung hatte ihren Grund in verschiedenen Prüfmethoden: Während die Berliner Stiftung die Sitze in Anlehung an die ECE-Norm nur mit einem Prüfblock testete, montierte das Automagazin die Sitze in einen Opel Astra. Für fast alle Sitze stellte es Verletzungsgefahr für Kopf und Hals fest.
Daß die europäische Norm längst überholt ist, wissen auch Experten: „Niemand hat sich für eine Neufassung zuständig gefühlt“, sagt Joachim Krasselt, Leiter der Abteilung Kindersicherheit beim TÜV-Product Service in München. „Im Laufe dieses Jahres wird sich hier aber etwas tun“, verspricht Krasselt. Der TÜV hat nun strenge Anforderungen an die Hersteller formuliert.
Wer jetzt einen Sitz anschaffen muß, sollte sich dennoch am orangefarbenen Zeichen orientieren. Immer noch sind nämlich Sitze im Umlauf, die kein Siegel tragen und somit eigentlich gar nicht verkauft werden dürften. ÖTM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen