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Kriegsgefahr am Golf nimmt zu

■ US- und ägyptische Truppen werden erneut verstärkt, britische Krankenhäuser sollen sich auf Verwundete vorbereiten/ Mitterrand ist angeblich von bevorstehendem militärischem Schlag unterrichtet

Washington/Kairo (adn/dpa/afp) USA-Außenminister James Baker erwägt offenbar eine Reise in die Krisenregion am Golf. Laut 'Reuter‘ könnte die Visite, die vor dem Hintergrund einer weiteren Verstärkung der US-Truppen in Saudi-Arabien um 100.000 Mann die antiirakische Koalition „abstützen“ soll, in der kommenden Woche stattfinden. Eine Bestätigung war dafür vom State Department nicht zu erhalten, jedoch sagte ein hoher Beamter des Ministeriums, über den „Trip wird nachgedacht“. Wie es bei 'Reuter‘ weiter heißt, wolle Baker nach unbestätigten Berichten mit der saudischen Führung ein Datum für eine militärische Operation gegen den Irak festlegen. Gegenüber Journalisten kündigte der ägyptische Präsident Mubarak an, das 14.000 Mann starke ägyptische Kontingent in Saudi-Arabien durch Kampfflugzeuge und Panzerfahrzeuge zu verstärken. Zugleich sprach er sich für den Aufbau eines neuen arabischen Sicherheitssystems in der Golfregion aus, in das „keine ausländischen Mächte“ einbezogen werden dürften.

Großbritannien hat am Freitag seine Bereitschaft zu einem militärischen Eingreifen im Golf erneut unterstrichen. Das Verteidigungsministerium gab am Nachmittag bekannt, Generalstabschef Sir David Craig werde am Samstag zu einer Truppeninspektion in den Golf reisen. Das britische Verteidigungsministerium hatte zuvor zivile Krankenhäuser aufgefordert, sich auf einen Krieg am Golf vorzubereiten und Vorsorge für die Versorgung verwundeter Soldaten zu treffen. Der private Fernsehsender ITN hatte am Donnerstag abend berichtet, das Verteidiungsministerium habe mehrere Krankenhäuser in der Gegend des südenglischen Militärhafens Portsmouth aufgefordert, ab dem 15. November für die tägliche Aufnahme von zehn verwundeten Soldaten, einschließlich eventueller Giftgasopfer, bereit zu sein. Der Ministeriumssprecher dementierte diese Zahlen und sagte, der 15. November sei lediglich der Zeitpunkt, an dem das 7. Infanterieregiment mit 6.000 Soldaten und 3.000 Personalmitgliedern am Golf einsatzbereit sei. Nach Ansicht des US- amerikanischen UNO-Botschafters Thomas Pickering steht die Verabschiedung einer neuen Resolution des UN-Sicherheitsrates gegen Irak bevor. In dem britisch-amerikanischen Resolutionsentwurf, über den sich auch die übrigen ständigen Mitglieder des Rates bereits verständigt haben, werden Irak neue Sanktionen angedroht, wenn die „Ermordung, Mißhandlung und Unterdrückung“ von Kuwaitern kein Ende finde und die ausländischen Geiseln nicht sofort freigelassen würden. Das Pariser Wochenblatt 'Le Canard Enchaine‘ schrieb, amerikanische Regierungsbeamte hätten dem französischen Staatspräsidenten Francois Mitterrand zu verstehen gegeben, daß ein militärischer Schlag am Golf unmittelbar bevorstehe. Laut 'Canard‘ sagte Mitterrand einem Besucher, die Vereinigten Staaten USA könnten eine Ablehnung der von ihnen und den Briten eingebrachten Resolution zum Anlaß nehmen, am Golf loszuschlagen.

Der frühere japanische Premierminister Yasuhiro Nakasone kündigte an, er wolle sich in der nächsten Woche in privater Mission nach Irak begeben, um von Staatschef Saddam Hussein die Ausreise der rund 350 japanischen Geiseln zu erwirken.

In einem an die 'Deutsche Presse- Agentur‘ ('dpa‘) in Hamburg gerichteten Fernschreiben hat eine Gruppe deutscher Geiseln in Bagdad am Freitag die Bundesregierung erneut scharf kritisiert. In dem Fernschreiben, das in einem Hotel in Amman (Jordanien) aufgegeben worden ist und mit „H.G. Lassen“ unterzeichnet wurde, heißt es, daß „irgendwelche positiven Ergebnisse der angeblich nicht für eine Bekanntgabe geeigneten Schritte nicht festzustellen“ seien.

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