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Kreuzzug für Gymnasium

■ Bürgerschaft debattiert über Schulformen und Auswahlverfahren

Das Schöne bei den Debatten zum Thema Schulpolitik ist, dass man sich problemlos um zehn oder 20 Jahre zurückversetzt fühlt und all die bekannten Reiz-und Reaktionsmuster wieder genießen kann. In der gestrigen Aktuellen Stunde in der Hamburger Bürgerschaft war mal wieder die Gesamtschule reif: Die CDU nutzte die neuen Schulanmeldezahlen, um zum Generalangriff auf die von ihr ungeliebte Schulform zu blasen.

Der schulpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Wolfgang Beuß, setzte seinen nimmermüden Kreuzzug gegen die integrierte Gesamtschule fort. „Die Eltern wollen diese Schulform in Hamburg nicht.“ Triumphierend verwies er auf die Schulanmeldungen, nach denen fast drei Viertel sich fürs Gymnasium entschieden haben. „Die Hamburger Eltern haben kein Vertrauen in andere Schulformen mehr.“ Um das Gymnasium vor dem Andrang zu schützen, müssten strengere Auswahlverfahren und Aufnahmeprüfungen her. „Die Gymnasien siegen sich sonst fast zu Tode.“

„Griff in die Mottenkiste“ fiel SPD und GAL dazu ein. Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) sagte, sie werde es „nicht zulassen, dass wir hier zur Ausleseschule zurückkehren“. Dass die Eltern vor allem aufs Gymnasium setzen, sei aus deren Sicht „sogar absolut vernünftig, um den gestiegenen Anforderungen am Arbeitsmarkt gerecht zu werden“.

Auch Julia Koppke (Regenbogen) wunderte sich überhaupt nicht darüber, dass die Eltern fast nur das Abitur für ihre Kinder anstreben. „Die Politik hat jahrelang Leistung, Wettbeweb und Elite gepredigt, da ist doch klar, dass die Eltern auf diesen Zug aufspringen.“ Der GAL warf sie vor, „schulpolitisch verwirrt“ zu sein, wenn sie jetzt ebenfalls Aufnahmebeschränkungen für Gymnasien fordere. Mit einer solchen Forderung waren GAL-Politiker im Hamburger Abendblatt zitiert worden.

Im Parlament klang diese dann schon wieder anders. „Natürlich sind wir nicht für Aufnahmeprüfungen“, stellte der GAL-Schulpolitiker Hans-Peter de Laurent klar. Allerdings sei es schon bedenkenswert, dass inzwischen viele Kinder auf Wunsch ihrer Eltern aufs Gymnasium geschickt würden, „deren Scheitern dort schon vorprogrammiert ist“. Peter Ahrens

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