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Kraftlos-Krimi knallt nicht gut

■ Gabriella Bußacker zeigt mit „Sorry“den letzten Teil ihrer „Philosophen“-Trilogie

Ein Mann tritt auf die Bühne. Eine Frau folgt. Hinter ihnen erscheint eine weiße Punkelfe. Das Programmheft weist sie als Theaterengel aus, aber einen solchen hat man schon lange nicht mehr gesehen. Dann kommt ein Junge dazu, der den Rest des Stückes auf Scates über die Bühne rollen wird. Das Quartett ist komplett. Guten Abend, sagt es wortlos, wir sind die Schauspieler. In einer Reihe stehen sie und blicken aufmerksam in den Zuschauerraum. Und ihr, ihr seid dann wohl unser Publikum.

Nach der klärenden Vorstellung wird das Theater für einen Moment ignoriert. Bücher werden ausgepackt, Taschenlampen beleuchten Gesichter von unten, Gruselgeschichten werden gelesen wie auf Klassenfahrt. Doch die Gruselgeschichte ist keine Gruselgeschichte, sondern ein ziemlich brutaler Krimi, in dem gerade zu hübscher Musik aus dem Autoradio einer Frau mit einer 22er ein Loch in den Kopf geblasen wird. „Es erinnerte ihn an alte Filme“, sagt der Autor über seinen Helden. Spricht der Schauspieler, nun Held und Erzähler. Die Bühne bestätigt: Flach und breit ist sie, wie eine Leinwand. Die Figuren bewegen sich auf der Längsachse. Treten sie in die Tiefe des Raums, treten sie vor Mikrophone. Eine Videoprojektion doppelt das Geschehen täuschend. „Words don't come easily“, singen die vier mit Tracy Chapmann: „Sorry“.

Sorry ist der abschließende Teil der Trilogie Undercover Philosophen, an der die Hamburger Regisseurin Gabriella Bußacker seit 1994 arbeitet. Die beiden ersten Teile, Undercover Philosophen I und Spieler, wurden am TAT in Frankfurt uraufgeführt und 1996 auf Kampnagel gezeigt. Nach der Schließung der Avantgardebühne am Main übernahm Kampnagel die Produktion von Sorry, doch eine gewisse „TAT-Ästhetik“ist nicht zu übersehen. Dort hatte man seit den achtziger Jahren die New Yorker Wooster Group, die belgische Needcompany und die schwedische Gruppe Remote Control kontinuierlich gefördert, die der parallele Einsatz verschiedener Medien verbindet und denen über sehr direktes, nonchalentes Schauspiel intelligente Vexierspiele von Distanz und Nähe gelingen. Bußacker bedient sich dieser Stilmittel, doch der Funke wollte am Mittwoch bei der Premiere nicht überspringen.

Die Regisseurin, die auch Bühne, Licht, Kostüme und die Textfassung entwarf, will mit ihrer Trilogie die triviale Oberfläche des Krimigenres durchbrechen. Fragmente aus Texten von Paul Auster, Jerry Oster und Shakespeare werden zitiert; Sätze, Bilder und Bewegungen bilden ein zufälliges Ganzes. Nicht nur durchdacht, sondern auch stimmig wirken oft nur die atmosphärisch dichten Klangcollagen von Carsten Dane.

„Ein Theaterstück muß nicht immer von etwas handeln“, heißt es an einer Stelle. Das stimmt. Aber ein Stück sollte etwas sagen wollen. Sonst nämlich ist es, trotz lauter Pistolenschüsse, schlicht langweilig. Und Krimis zu demontieren, um spannungsloses Theater zu zeigen, kann die Idee nicht sein. Christiane Kühl

heute bis So, 20 Uhr, Kampnagel k1

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