piwik no script img

■ Press-SchlagKrabbe-Nachschlag

Butch Reynolds hat den Internationalen Leichtathletikverband (IAAF) offenbar nachhaltig das Fürchten gelehrt. Seit der 400-m-Läufer erfolgreich gegen die über ihn verhängte Dopingsperre klagte und zudem vor einem US-Gericht eine Schadensersatzforderung in Höhe von 27,3 Millionen Dollar durchsetzte, traut die IAAF ihrer Gerichtsbarkeit nicht mehr über den Weg. Das Resultat sind groteske Urteile wie jenes, das nun gegen Katrin Krabbe, Grit Breuer und Manuela Derr gefällt wurde, die – bei aller Abneigung gegen ihre kälbermastorientierte Wettkampfvorbereitung – von den Sportfunktionären wahrlich an der Nase herumgeführt werden.

Noch zwei Jahre, so entschied das IAAF-Council, sind die Sprinterinnen von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Nach dem Entscheid des Rechtsausschusses des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) am 26. März 1993 wären alle drei seit dem 14. August wieder startberechtigt. Grundlage des DLV-Urteils war die Einschätzung, daß der Wirkstoff Clenbuterol, dessen Einnahme Krabbe und Co. zugegeben hatten, kein Dopingmittel, sondern lediglich ein Stimulanzmittel sei. Diese offenkundige Verharmlosung war dem Rechtsausschuß jedoch so peinlich, daß er das Trio nicht, wie es die Regeln in diesem Fall vorsähen, für drei Monate sperrte, sondern wegen Medikamentenmißbrauchs und Unsportlichkeit für ein Jahr.

Der salomonische Statuten-Spagat des DLV fand jedoch nicht den Beifall der IAAF. Diese ist der Meinung, daß Clenbuterol ein Dopingmittel darstellt, wagte es aber nicht, das DLV-Urteil einfach zu kassieren und die nach dem Reglement gebotene Sperre von vier Jahren zu verhängen. Dies sei ein Dopingfall, bekräftigte Arne Ljungqvist, Chef der IAAF- Doping-Kommission, „der aus juristischen Gründen aber nicht als solcher behandelt werden kann.“ Butch Reynolds läßt grüßen.

Einfach laufen lassen wollte das Council die Neubrandenburgerinnen aber auch nicht, weil man „fühlte“ (Ljungqvist), daß diese „etwas Außergewöhnliches“ getan hätten. In ihrer Not verfielen die 24 Council-Mitglieder auf die IAAF-Regel 53,8, die es ermöglicht, Athleten für ein Verhalten zu sperren, das „beleidigend oder unangebracht oder geeignet ist, den Sport in Mißkredit zu bringen.“ Insgesamt drei Jahre Sperre für unangebrachten Mißkredit also, eine windelweiche Vorgehensweise, die die deutschen Funktionäre in Rage brachte. DLV-Präsident Helmut Digel kündigte die Anrufung des IAAF-Schiedsgerichts an.

Und auch ein anderer Experte meldete sich zu Wort: „Die Begründung für die Sperre ist hohl und makaber“, erklärte Krabbe-Trainer Thomas Springstein. Und der ist schließlich ein ausgewiesener Spezialist für makabre Überraschungen aller Art. Matti

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen