■ Reformen etc.: „Kostenneutral“
Die ins Geschreibe gekommene Rechtschreibreform ist ein Satz mit x – sie wird wohl nix. Das liegt nicht etwa an schwer aufgebbaren Kulturwörtern wie Philosophie – die Kultusministerkonferenz hat schlicht nicht berechnet, was das deutsch-österreichisch-schweizerische Joint- venture denn kosten könnte.
Die Herrscher der letzten Fürstentümer, die Kultusminister, haben die Rechtschreibreform intensiv debattiert, deren Kosten aber nur unter einem Blickwinkel gesehen: „Kostenneutral“ solle die Jahrhundertreform sein. Eine Finanzplanung haben sie folglich nicht aufgestellt. Nun schlagen diverse Schulbuchverlage Alarm. Denn die Produktion und Anschaffung neuer Deutschbücher kostet Geld. 300 Millionen Mark veranschlagen die Schulbuchverlage für einen Austausch aller Titel. Die Kultusminister „haben sich mit unseren Argumenten nicht auf seriöse Weise befaßt“, attackierte auf einer Tagung des Verbandes Schulbuchverlage dessen Vorsitzender, Wolfgang Dick, die KMK.
Die Schulbuchverlage machen folgende Rechnung auf: Der Austausch der Lehrmittel in Deutsch koste allein für die Erst- und Fünftkläßler rund 60 Millionen Mark im Startjahr 1997. Das ist, auf die gesamte Republik gesehen, nicht viel, aber eben nicht, wie die Minister fordern, „kostenneutral“. Zug um Zug, so deren Vorstellungen, sollten zunächst die Schulbücher für das Deutsche „im normalen Austausch“ durch die Druckwerke mit der neuen Orthographie ersetzt werden. In anderen Fächern sollen gar Einlegezettel die Kulturrevolution bewirken. Die Gelder wollen die Kultusminister durch die Verschiebung geplanter Neuanschaffungen erwirtschaften.
Doch simple Neuauflagen machen noch keine Reform. Die Bücher müßten neu gesetzt, korrigiert und gedruckt werden, setzte Fritz von Bernuth vom Berliner Cornelsen Verlag dem KMK-General samt Modellrechnung auseinander. Auf finanzielle Details sind die Kultusminister allerdings nicht eingegangen. Das bringt die Bundesrepublik nun gleich zweifach gegenüber den deutschsprachigen Nachbarländern ins Hintertreffen. Die Schweiz und Österreich haben die Reform bereits politisch beschlossen. Und bezahlt werden die Schulbücher auch: in der Schweiz von den Eltern, in Österreich vom Vater Staat – tu felix Austria. Christian Füller
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