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Konservative Wende in Ecuador

■ Bisher regierende Sozialdemokraten landen bei den Präsidentschaftswahlen im politischen Abseits

Quito/Berlin (ap/taz) — Ecuador wird in den nächsten vier Jahren voraussichtlich einen konservativen Präsidenten haben. Im ersten Wahlgang erhielt zwar kein Bewerber am Sonntag die absolute Mehrheit. Doch zeichnete sich eine Stichwahl zwischen zwei konservativen Bewerbern ab: dem Ex-Bürgermeister von Quito, Sixto Duran, und dem ehemaligen Gouverneur Jaime Nebot. Nach Schätzungen des Fernsehens erhielt Duran zwischen 21 und 36 Prozent der Stimmen, Nebot zwischen 19 und 26 Prozent. Duran trat für die von ihm vor einem Jahr gegründete Republikanische Einheit (UR) an. Er war bis zur Gründung der UR Mitglied der Christlich-Sozialen Partei (CSP) gewesen, der auch Nebot angehört.

Auf Platz drei kam mit voraussichtlich 20,7 Prozent der 40jährige Populist Abdala Bucaram. Die Sozialdemokraten des amtierenden Präsidenten Rodrigo Borja, der im Rahmen der Verfassung nicht mehr kandidieren durfte, sowie die Vereinigte Linke spielten bei den Wahlen offensichtlich keine Rolle. Der sozialdemokratische Kandidat Raul Baca kam nur auf 8,4 Prozent.

Duran und Nebot sind beide Anhänger einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, die ausländische Investitionen begünstigen soll. Unter Borja war Ecuador nach Einschätzung der internationalen Finanzwelt das letzte Land in Südamerika gewesen, das noch kein neoliberales Reformprogramm eingeleitet hatte. Jetzt wird vermutlich auch in Ecuador der staatliche Sektor weitgehend privatisiert werden. Beide Kandidaten symbolisieren außerdem die Rivalität der zwei größten Städte des Landes. Nebot gewann mit großem Vorsprung in der Hafenstadt Guayaquil, während Duran in der Hauptstadt Quito triumphierte.

Die Wahlbeteiligung lag bei 73 Prozent. Die Organisationen der Indianer, die zwei Fünftel der Bevölkerung ausmachen, hatten zum Wahlboykott aufgerufen. Obwohl ihnen Präsident Borja erst am Mittwoch im Präsidentenpalast von Quito 4.000 Eigentumstitel auf eigenes Land im Amazonasgebiet übergab, sehen sie sich im politischen System Ecuadors nicht genügend vertreten.

Die Behörden berichteten von einem ruhigen Wahlverlauf. Vorher hatte es Befürchtungen gegeben, der Landkonflikt zwischen Regierung, der Indio-Koordination CODAIE und Siedlerorganisationen — welche die Vergabe neuer Eigentumstitel an Indianer verhindern wollen — werde sich zu einer Konfrontation ausweiten. Mehrere tausend Indianer hatten tagelang Plätze in der Hauptstadt besetzt, um ihre Forderungen durchzusetzen. Die Regierung sagte schließlich sowohl Indianern wie auch Siedlern neue Landrechte zu.

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