: Konkurrenz vom Osten
■ Seiters erwartet große Wanderungsbewegung bei EU-Erweiterung
Bonn (dpa) –Bei der Osterweiterung der Europäischen Union (EU) ist wegen der dann geltenden Freizügigkeit eine große Wanderungsbewegung von Arbeitnehmern aus dem Osten in die europäischen Länder, insbesondere nach Deutschland, zu erwarten. Darauf wies der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Rudolf Seiters, gestern hin.
Bei Vorlage eines Papiers über „Arbeitnehmerfreizügigkeit im Zuge der Osterweiterung der EU“ in Bonn erklärte Seiters, daß laut Untersuchungen nach einer EU- Erweiterung aus Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Slowenien jährlich 340.000 bis 680.000 Menschen in die jetzigen Mitgliedstaaten drängen könnten.
Seiters erläuterte, Deutschland habe vor zwei Jahren 42 Prozent der gesamten Zuwanderung in die EU aufgenommen, während der Bevölkerungsanteil der Bundesrepublik an der EU nur 22 Prozent betrug. Von 1988 bis 1996 seien über fünf Millionen Menschen durch Zuwanderung aus dem Ausland nach Deutschland gekommen. Die Ost-Beitrittskandidaten zeichneten sich durch ein gravierendes soziales und wirtschaftliches Gefälle nicht nur untereinander, sondern besonders im Verhältnis zur EU aus. So betrage etwa das Lohngefälle zwischen Deutschland und Polen 10:1.
Die CSU drängt bei den Verhandlungen über die EU-Osterweiterung auf höhere Hürden für die Beitrittskandidaten. Besonders bei der Freizügigkeit für Arbeitnehmer seien lange Übergangsfristen nötig. Zur Begrenzung der Zuwanderung wird eine weitere Verschärfung des Ausländerrechts angemahnt. Die Bonner CSU- Landesgruppe will die Forderungen bei ihrer dreitägigen Klausurtagung im fränkischen Kloster Banz verabschieden, die gestern abend beginnen sollte.
In ihrem Europapapier betonen die CSU-Parlamentarier, volle Freizügigkeit könne es erst geben, wenn sich die Beitrittsländer wirtschaftlich dem EU-Durchschnitt angenähert hätten. Vor dem Jahr 2015 sei ein genereller Zugang zu den Arbeitsmärkten der heutigen EU-Mitgliedstaaten nicht zu erwarten. Beitrittsgespräche werden derzeit mit Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Estland und Zypern geführt.
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