Konjunktur in der Eurozone: Warnung vor neuem Teufelskreis
Italien in der Rezession, Deutschland nicht viel besser: Die beiden ungleichen Länder bremsen die Wirtschaft in der Eurozone – anders als die „Gelbwesten“.
Die „Abwärts-Risiken“ hätten sich seit der letzten Schätzung im Herbst deutlich vergrößert, sagte Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Neben dem Brexit könnten auch die Banken Probleme bereiten.
Insgesamt soll die Wirtschaft der 19 Euroländer im neuen Jahr nur noch um 1,3 Prozent wachsen. In ihrer Herbstprognose hatte die Kommission noch mit 1,9 Prozent gerechnet. Besonders drastisch wurden die Erwartungen für Italien zusammengestrichen: Von 1,2 auf nur noch 0,2 Prozent. Aber auch Deutschland muss kleinere Brötchen backen. Das Wachstum dürfte nur noch bei 1,1 Prozent liegen – und nicht bei 1,8, wie im Herbst prognostiziert.
Italien steckt aktuell in einer Rezession, Deutschland ist nur knapp daran vorbeigeschrammt. Warum diese beiden Länder besonders durchhängen, konnte Moscovici nicht erklären. Für Italien führte der Franzose die schwache Binnennachfrage ins Feld, für Deutschland den Einbruch im Automarkt. Die Regierung in Rom profitiere aber auch von sinkenden Risikoaufschlägen bei Staatsanleihen, und Berlin könne sich weiter auf den Privatkonsum verlassen.
Macrons Regelverstoß begünstigt Prognose
Überraschend gut fiel die Prognose für Frankreich aus. Dort rechnet die EU-Kommission mit einem Wachstum von 1,3 Prozent – also mehr als in Deutschland. Die Sozialmaßnahmen, mit den Präsident Emmanuel Macron auf die Proteste der „Gelbwesten“ reagiert hat, trügen zu einer Belebung bei, so Moscovici. Dass Macron sich dabei über die EU-Regeln hinwegsetzt und das Budgetdefizit über die erlaubten drei Prozent treibt, wollte er nicht kommentieren.
Auch auf die Budgetsorgen in Italien ging Moscovici nur kurz ein. „Es gibt keinen Grund zu Eile“, sagte er. Zunächst müsse man den nächsten Länderbericht Ende Februar abwarten. Das Defizit werde dann erst im Mai überprüft. Dass die EU-Kommission das Defizitverfahren im Dezember auf Eis gelegt hat, habe Italien geholfen, eine noch größere Krise zu verhindern.
Aufhorchen lässt die Warnung vor einem neuen „Doom loop“, einem Teufelskreis, für Staaten und Banken. Die Euroländer müssten aufpassen, dass sich die Probleme im Finanzsektor nicht hochschaukeln, warnte Moscovici. Gemeint ist Italien, wo die Banken besonders viele Staatsanleihen halten. Aber auch die Krise der Deutschen Bank sorgt in Brüssel für Stirnrunzeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“