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Archiv-Artikel

Kongo-Zeitplan wankt

Verfassungsreferendum und Erweiterung der UN-Mission verschoben. Grund: schleppende Wählerregistrierung

BERLIN taz ■ Zwei wichtige Schritte für den Erfolg des Friedensprozesses in der Demokratischen Republik Kongo verzögern sich. Das für den 27. November geplante Referendum über eine neue Verfassung für die Zeit nach den für 2006 vorgesehenen freien Wahlen ist vorerst verschoben. Und Ende letzter Woche vertagte der UN-Sicherheitsrat eine Grundsatzentscheidung über eine Ausweitung der UN-Blauhelmmission im Kongo (Monuc) im Hinblick auf die Wahlen und verlängerte das Monuc-Mandat nur um einen Monat. Beide Entwicklungen bedeuten neue politische Unsicherheit.

„Wir werden alles tun, um das Referendum vor Ende des Jahres abzuhalten“, sagte Apollinaire Malu-Malu, Chef der unabhängigen Wahlkommission, am Donnerstag. Als Grund für die Verschiebung des Termins nannte er „logistische Probleme“ bei der Wählerregistrierung. Einen neuen Termin gab er nicht bekannt.

Die Registrierung der geschätzt 28 Millionen Kongolesen im wahlberechtigten Alter begann am 20. Juni und hätte am 25. September abgeschlossen sein sollen. Nach UN-Angaben vom Wochenende sind bislang aber nur 14.086.413 Wähler registriert. Man liege einen Monat im Verzug, sagte der notorisch optimistische Malu-Malu.

Die Wählerregistrierung im Kongo ist sehr kompliziert, weil für die Erstellung der fälschungssicheren Wahlkarten modernstes technisches Gerät in die entferntesten Ecken eines verwüsteten Landes von der Größe Westeuropas ohne Infrastruktur geschafft werden muss. Viele der 60 Millionen Kongolesen haben nach Jahrzehnten von Staatszerfall und Krieg keine Papiere. Die weithin anstelle von Personalausweisen gebräuchlichen „Papierverlustbescheinigungen“ werden allerdings nicht als Identitätsnachweis bei der Wählerregistrierung anerkannt.

In den Kriegsgebieten des Ostkongo kommen Nationalitätenstreitereien hinzu. Immer wieder gibt es Versuche, Angehörige der ruandischstämmigen Minderheit aus der Registrierung auszuschließen – mit der Begründung, sie seien keine Kongolesen. Dazu wird das Gerücht gestreut, die Wahlkarte diene als Staatsbürgerschaftsnachweis, und wer nicht im Wahlregister stehe, verliere die kongolesische Staatsbürgerschaft.

Solche Spannungen sowie Übergriffe von Militärs und Boykottaufrufe von Oppositionellen haben den Ablauf der Registrierung erschwert. Außerdem gibt es noch gar kein Wahlgesetz. Gestern begann in Kongos Hauptstadt Kinshasa die neue Sitzungsperiode des Parlaments, bei der dies einer von vielen unerledigten Punkten aus der Zeit vor der Sommerpause ist.

Die logistische Unterstützung der Wählerregistrierung, zum Beispiel durch Lufttransport, war seit Juni die Hauptaufgabe der UN-Mission im Kongo. Um auch die Vorbereitung der Wahlen selbst nächstes Jahr abzusichern, verlangte UN-Generalsekretär Kofi Annan Ende September vom UN-Sicherheitsrat eine Verlängerung des Monuc-Mandats um ein Jahr mit einer Aufstockung der gegenwärtig auf 18.630 begrenzten Blauhelmtruppe um 2.580 Mann. Damit will die UNO erstmals in der zunehmend unruhigen Südprovinz Katanga Präsenz zeigen.

Doch fiel Annans Vorschlag am Freitag im Sicherheitsrat durch. Hauptgrund: Widerstand der USA. „Mehr Geld und Truppen ist nicht unbedingt ein Erfolg“, sagte ein US-Diplomat. Um den Streit zu regeln, gab sich der UN-Sicherheitsrat einen Monat Zeit – wie Kongos Wahlkommission. DOMINIC JOHNSON