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■ In Algerien beginnt der „nationale Dialog“Konferenz der Generäle

Es ist noch ein weiter Weg zum inneren Frieden in Algerien. Was das Regime einen nationalen Dialog nannte, scheint in Wirklichkeit ein Manöver der Generäle, der eigentlichen Machthaber des Landes. Ihr Ziel ist, die Blankovollmachten der Parteien zu bekommen, um fest im Sattel der Macht zu bleiben. Sie versuchen in die Rolle der „Kämpfer gegen die fundamentalistische Gefahr“ zu schlüpfen. Sie wissen, daß sich das zur Zeit im Westen gut verkauft.

Aber die Ereignisse der letzten Monate haben gezeigt, daß man die Krise Algeriens nicht lösen kann ohne den Dialog mit der „Islamischen Heilsfront“ (FIS) – vor allem weil diese bei freien Wahlen mehr als die Hälfte aller Wählerstimmen auf sich vereinen kann. Die Frage stellt sich: Kann man den „Fundamentalismus“ wirklich mit Hilfe militärischer Gewalt erfolgreich bekämpfen, oder ist nicht letztlich die Demokratie ein geeigneteres Mittel dazu? Aber die Antwort auf diese Frage wirft eine zweite Frage auf: Wie geht man mit Demokratie um, wenn sie die Islamisten an die Macht bringt.

Das Regime in Algerien tut so, als sei die Krise das Ergebnis des Wahlsieges der FIS vom Dezember 1991. Dabei ist der Wahlsieg der FIS in Wirklichkeit Ergebnis der Misere, in die die heutigen wie damaligen Machthaber das Land überhaupt erst geführt haben. Aufgrund der Korruption, der politischen Unterdrückung, der Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen des Landes und der Verwandlung des ölreichen Algerien in ein Land, das von Hunger und Arbeitslosigkeit gezeichnet ist, haben vor allem die hoffnungslosen Jugendlichen denjenigen die Stimme gegeben, die die Parole „Der Islam ist die Lösung“ erhoben haben.

Aber ist es möglich, daß diese Generäle diesen Dialog mit der FIS und ihrem Volk führen? Die Antwort lautet: nein. Denn hinter den blumigen Worten vom Dialog verbergen sich neue Maßnahmen der Kriegsvorbereitung.

Trotz der wirtschaftlichen Pleite des Landes erklären einige der Generäle hinter den Kulissen, daß man immer noch genug Geld in der Tasche habe, um Waffen zu kaufen. Um Verkäufer brauchen sie sich nicht zu sorgen. Die Liste der Anbieter ist lang.

Die Machthaber haben nichts zu verlieren. Solange die Schlacht gegen die Islamisten andauert, sind ihre Pfründe nicht in Gefahr. Der einzige Weg zu einem wirklichen Dialog und damit zur Lösung der Krise wäre, daß diese Generäle von der politischen Bühne des Landes abtreten. Aber diese Möglichkeit und damit die Rückkehr zum inneren Frieden in Algerien sind in weite Ferne gerückt. Khalil Abied

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