: Kompromißtöne im Steuerstreit
Bonn (dpa) - Zwischen Koalitionsrunden und zahlreichen Fachgesprächen zur geplanten Steuerreform 1990 zeichnen sich in Bonn Auflockerungen bei der bisher geplanten zehnprozentigen Quellensteuer auf Zinserträge und bei der steuerlichen Behandlung der Zuschläge für Nachtarbeit ab. Wie in der Koalition zu erfahren war, wolle auch Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) den Kirchen und gemeinnützigen Organisationen bei der Steuerpflicht für Zinseinkünfte „entgegenkommen“. Das Ministerium äußerte sich dazu nicht. Das bayerische Kabinett verabschiedete dagegen bereits am Dienstag die Forderung, alle bisher steuerbefreiten Institutionen von der Quellensteuer auszunehmen. Dazu gehören auch öffentlich–rechtliche Kreditinstitute, Wohlfahrtsverbände und Stiftungen. Nur dann will München dieser Steuer zustimmen. Vor der Unionsfraktion erklärte deren Vorsitzender Alfred Dregger, er finde den zehnprozentigen „Vorwegabzug“ der Quellensteuer für Einkünfte, die ohnehin einkommensteuerpflichtig sind, gut. „Etwas anderes“ sei die „Erweiterung der Steuerpflicht“, also auf die bisher steuerbefreiten Organisationen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnte die geplanten Steuersenkungen als überzogen ab. Aus beschäftigungspolitischen Gründen forderte er einen unverzüglichen Investitionsschub von 20 Milliarden Mark jährlich. Der steuerliche Grundfreibetrag solle 1990 nicht nur auf 5.616 Mark für Ledige und 11.232 Mark für Verheiratete, sondern auf den jeweils doppelten Betrag angehoben werden. Die schärfere Besteuerung der Sonntags–, Feiertags– und Nachtzuschläge „wird abgelehnt, weil Tausende von Arbeitnehmern dadurch einen Nettoverlust in Höhe eines ganzen Monatsgehalts erleiden“. Der Wegfall des Arbeitnehmer– und des Weihnachtsfreibetrages im Zuge der auf 2.000 Mark deutlich erhöhten Werbungskostenpauschale wird vom DGB für verfassungswidrig gehalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen