■ Bremerhaven sucht Stadtrat: Kompetenz Nebensache
Am Samstag ist es soweit: Elf der insgesamt 21 BewerberInnen um die Nachfolge des Bremerhavener Umweltdezernenten Hermann Renken (SPD) stellen sich hinter verschlossenen Türen beim Geschäftsordnungs- und Verfassungsausschuß vor. Renken geht aus gesundheitlichen Gründen in den Vorruhestand. Am 22. Juni soll sein Posten auf der Stadtverordnetenversammlung wiederbesetzt werden.
Im Rennen sind außer Jürgen Adelmann, Regierungsdirektor beim Wirtschaftssenator, Uwe Lissau, Amtsgerichtspräsident, Richard Skribelka, SPD-Fraktionsvorsitzender, auch Dr. Elisabeth Hackstein, umweltpolitische Sprecherin der Grünen und Mitglied im Fraktionsvorstand.
Über das, was sie als Stadträtin für Umweltschutz, Gesundheit und Stadtreinigung ändern würde, hat die Biologin klare Vorstellungen: „Bremerhaven hat keinen Recyclinghof. Das ist eine Sache, in der man vor Ort als Umweltdezernentin tätig werden könnte.“ Außerdem reizt sie die Aussicht, die „Oberaufsicht über den Abfallbereich“ zu übernehmen. Ernsthafte Hoffnungen, den Job wirklich zu bekommen, macht sich die Biologin nicht. „Die Bewerbung ist für die Grünen trotzdem wichtig, um zu zeigen, daß wir kompetente Leute haben. Ich glaube aber nicht, daß die Bremerhavener eine Grüne wählen.“
Tatsächlich gelten in Bremerhaven eigene Regeln. Fachliche Kompetenz ist selten gefragt: Renken war Gabelstaplerfahrer und Lagerverwalter. Parteizugehörigkeit fällt da schon eher ins Gewicht. Renken, seinerzeit ehrenamtlicher Stadtrat, wurde 1989 mit Hilfe der FDP zum hauptamtlichen Stadtrat gekürt – ohne öffentliche Ausschreibung versteht sich. Im Gegenzug erhielt ein FDP-Günstling den Posten des ehrenamtlichen Stadtrats.
Solche Kungel-Spielchen sind auch bei der anstehenden Wahl denkbar: Amtsgerichtspräsident Uwe Lissau (AfB), der es bei der Wahl zum Oberbürgermeister im Mai gerade einmal auf fünf von 48 Stimmen gebracht hatte, will nun wenigstens Umweltdezernent werden. Über seine Gründe schweigt er: „Ich äußere mich erst am Samstag vor den Verantwortlichen, alles andere wäre unfair.“ Angeblich soll der Jurist von der CDU in einem nichtöffentlichen Ausschuß vorgeschlagen worden sein.
Je nachdem, wie die Kommunalwahl im September ausgeht, kommt die AfB nämlich eventuell als Koalitionspartner für die CDU in Frage. Praktisch, wenn Lissau dann bereits im Magistrat säße. Vielleicht wird Richard Skribelka auch für seinen Mißerfolg bei der Bürgermeisterwahl entschädigt. Fest steht nur eins: Die Stadt Bremerhaven sucht eine „dynamische und zielstrebige Persönlichkeit mit organisatorischen und politischen Fähigkeiten“. Fachliche Kompetenz ist Nebensache. Und das aus gutem Grund, heißt es doch weiter in im Ausschreibungstext: „Eine spätere Änderung des Dezernentenzuschnitts nach Ausscheiden des Dezernenten des Sozialamtes bleibt vorbehalten.“ kes
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