Kommunale Kleidersammler: Frisches Geld mit alten Klamotten

Im Geschäft mit Altkleidern erwirtschaften karitative Organisationen Millionen. Nun mischt ein übermächtiger Konkurrent mit: die Kommune.

Gut getarnte Schatztruhe. Der Handel mit Altkleidern finanziert viele Projekte des DRK. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer hätte gedacht, dass die alten Klamotten so begehrt sind? Ein Jahr nach Beschluss des reformierten Kreislaufwirtschaftsgesetzes entdecken immer mehr Kommunen, dass sich mit Alttextilien Millionen machen lassen. Karitative Organisationen schlagen Alarm, private Unternehmen sind empört.

Kommunen haben bei der Sammlung von Altkleidern einen großen Verteil: Seit Inkrafttreten des Gesetzes im vergangenem Juni haben sie die Möglichkeit, sich ein Monopol bei der Sammlung von Abfällen zu sichern. Viele Gemeinden haben dies seither genutzt, um in das lukrative Geschäft mit Alttextilien einzusteigen. Sie verdrängen dabei die Container karitativer und privater Sammler aus dem Stadtbild. Unternehmen und Organisationen sehen sich mit einer übermächtigen Konkurrenz konfrontiert.

Dass es dabei um mehr als nur um "Spenden" für karitative Kleiderkammern geht, wird schnell klar – Weiterverwerter zahlen aktuell Rekordpreise für die gebrauchte Ware. „Für Kleidung besteht momentan eine enorme Nachfrage“, sagt Michael Sigloch vom Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Der Preis liegt inzwischen bei 450 Euro pro Tonne, eine Millionen Tonnen gebrauchte T-Shirts, Hosen und Pullover finden in Deutschland jährlich ihren Weg in die Entsorgung.

Mit Altkleidern lassen sich Millionen machen

Bislang teilten wohltätige Organisationen und private Unternehmen den Millionenkuchen unter sich auf. Mit den Kommunen ist nun ein Mitbewerber auf den Markt getreten, der die Regeln selbst bestimmen kann. Jeder Standplatz wird genehmigungspflichtig, und an wen die Kommune Genehmigungen verteilt, bleibt im Grunde ihr selbst überlassen.

Dieses Vorgehen wird vonseiten des BVSE kritisiert: „Wir sammeln keinen Abfall“, sagt Michael Sigloch. Schließlich würden bis zu 90 Prozent der Kleider, die er mit seinem schwäbischen Familienunternehmen hereinholt, in die Wiederverwendung gehen. Die Kleider werden gesammelt, sortiert, in Paketen zusammengeschnürt und an Secondhandhändler in Deutschland, Osteuropa und Afrika verkauft.

Diese umstrittene Lieferkette bleibt auch bestehen, wenn Kommunen die Kleidersammlung selbst übernehmen. Die Kommunen erklären sich lediglich zuständig für das Sammeln und verkaufen die Kleidung dann an Weiterverwerter und damit zum Teil an genau jene Unternehmen, die sie selbst vom Markt gedrängt haben.

Auch wohltätige Organisationen beobachten die Veränderungen am Textilmarkt mit Sorge. „Wir haben einige Ortsvereine, die tatsächlich verdrängt wurden“, sagt Stephanie Krone, Pressereferentin beim Deutschen Roten Kreuz. „Das schmälert unsere Möglichkeiten natürlich sehr.“ Die Organisation sammelt bislang deutschlandweit jährlich bis zu 100.000 Tonnen Altkleider, die sie zu 95 Prozent an Textilverwerter wie Michael Sigloch weiterverkauft. Nach eigenen Angaben bekam das Rote Kreuz pro Tonne 260 Euro. Rund 25 Millionen Euro hat die Organisation so bislang jedes Jahr umgesetzt. „Dieses Geld könnte bald in den Etat der Städte statt in unsere Projekte fließen“, befürchtet Udo Bangerter vom Deutschen Roten Kreuz.

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