: Kommt Zeit, kommt Geld
■ Pro 7 geht erst 1997 an die Börse. Will Thomas Kirch Anteile abgeben?
Berlin (taz) – Pro 7 schafft es immer wieder, in die Schlagzeilen zu kommen, mal freiwillig, mal weniger. Kaum hatte der Privatsender am Freitag bekanntgegeben, der geplante Börsengang werde sich bis zum nächsten Frühjahr verzögern, da schob der Spiegel am Samstag eine brisante Meldung nach: Leo Kirchs Sohn Thomas, der seinen Anteil an dem Sender ohnehin auf 24,5 Prozent senken will, wolle noch mehr verkaufen und nur noch 9,9 Prozent der Aktien behalten. In diesem Fall würde sein Anteil nicht mehr mitgezählt, wenn ab 1997 bei der Konzentrationskontrolle der Zuschaueranteil der Medienkonzerne berechnet wird. Im künftigen Rundfunkstaatsvertrag soll nämlich eine Angehörigenklausel enthalten sein, nach der die Anteile von Leo und Thomas Kirch zusammengezählt werden könnten – wenn ihnen koordinierte Geschäftstätigkeit nachgewiesen wird. In diesem Fall käme die Kirchfamilie (Sat.1, DSF, Pro 7, premiere) auf über 25 Prozent Marktanteil – nicht mehr sehr weit von den erlaubten 30 Prozent entfernt.
Pro -7-Sprecher Torsten Rossmann dementierte gestern die Spiegel-Meldung gegenüber der taz: Er könne zwar nicht für den Anteilseigner Thomas Kirch sprechen, aber bei Pro 7 selbst sei eine Reduzierung von dessen Anteilen „nicht einmal angedacht“. Dafür gebe es auch keinen Grund. Die Geschäfte von Vater und Sohn Kirch seien so sauber getrennt, daß man auch vor der Angehörigenklausel keine Angst habe.
Die Verschiebung des Börsengangs auf das nächste Jahr begründet Pro 7 mit den komplizierten Regeln für eine Aktienemission auf dem US-Markt. Dort gebe es, so hat Vorstandsvorsitzender Georg Kofler entdeckt, „eine große Nachfrage“ nach Pro 7-Anteilen. Und in den USA möchte man gern einen „erheblichen Teil“ der Aktien verkaufen, allerdings nicht, so Sprecher Rossmann, an US-Medienkonzerne, sondern an „institutionelle Anleger“, namentlich Investment- und Pensionsfonds. Mit dem Börsengang sei man überhaupt „nicht unter Zeitdruck“. Tatsächlich hat Pro 7 seine Lizenz bereits aufgrund dieser Ankündigung verlängert bekommen und kann damit rechnen, daß weiteres Abwarten den Ausgabewert der Aktien steigert. Zum einen soll am 1. Januar 1997 der neue Rundfunkstaatsvertrag in Kraft treten, der eine Liberalisierung bei Onlinediensten und Teleshopping bringt. Zum anderen will Pro 7 bis dahin potentiellen Anlegern klarmachen, welche Art von „aktiver Rolle“ (Kofler) man beim digitalen Fernsehen zu spielen gedenkt. Hier gibt es bisher, ähnlich wie bei ARD und ZDF, mehr guten Willen als konkrete Pläne. MR
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