: Kommentarlose Verschmelzung?
■ betr.: „Die kriegen doch 'nen Schock“, taz vom 21./22.12. 96, Fu sion der „Wochenpost“ mit „Die Woche“
Vielleicht reicht mein Vorstellungsvermögen für die Methoden der Demokratie nicht aus oder man kann und muß sich vor lauter Resignation einen kalten Zynismus zulegen, um diese Methoden zu begreifen und um darauf zu reagieren.
Es kann sich nur um eine hochgradige Ignoranz gegenüber den Lesern und den Machern der Wochenpost handeln, um sich so einen Abgang zu verschaffen oder aber, was wahrscheinlicher ist, hier wurde ganz bewußt unliebsame Konkurrenz beseitigt.
Es ist dasselbe, als wenn ich den taz-Lesern mitteile, die taz rentiert sich nicht mehr, ihr könnt dafür ab heute die Bild-Zeitung lesen. Polemisch, aber ungeachtet von dem Niveau der Woche ist es ein verdammter Willkürakt, der hier vonstatten ging und geht. Mit einer Kaltschnäuzigkeit und einer Arroganz wird über Leserinteressen und über ein Medium entschieden. Nicht ein einziges Mal wurde die Existenz der Wochenpost zum Thema gemacht. Geschweige denn über Alternativen und Wege für den Erhalt diskutiert. Vielleicht ist es aber auch nur ein weiterer Schritt, um den Ostteil vom Westen heraus zu regieren und zu beurteilen. Es macht einen zum wiederholten Male so wütend und zornig. Es kann einfach nicht sein, daß dann geschrieben wird „... wir kümmern uns verstärkt um Ostthemen ...“! Die Woche hat dann zwei Seiten mehr: Die Regionalseite Ost!!! Ein weiterer Akt der Entmündigung mit vorgeschobener Unwirtschaftlichkeitserklärung. Es reiht sich in die Endloskette ein. Gibt es nicht auch eine Verantwortung, die die Leute tragen, die über so etwas entscheiden? Banal, aber die Wochenpost war und ist wieder mal so ein Identitätssymbol. Wenn man liest, Die Woche gegründet 1993, und kennt Hintergrund, Geschichte und Inhalt der Wochenpost, dann fällt mir nur ein Zitat ein: „Ich kann nicht soviel essen, wie ich kotzen möchte.“ Thomas Ritter, Kranichfeld
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen