Kommentar: SPD tappt in die Populismusfalle
Alle Parteien in Friedrichshaun-Kreuzberg konnten sich gefahrlos einer populären Forderung anschließen. Als einzige ist die SPD voll in diese Falle getappt und hat sich darüber intern zerlegt.
In Friedrichshain-Kreuzberg müssen alle Parteien gerade einen Populismustest absolvieren - und die SPD fällt als einzige Partei durch. Der Test besteht aus folgender Verlockung: Ein Bürgerbegehren fordert mehr Grünflächen und keine neuen Hochhäuser in dem neuen Stadtquartier "Mediaspree". Diese Forderungen sind sehr populär unter den Bewohnern des Bezirks, die steigende Mieten und mehr Autoverkehr befürchten. Doch wenn der Bezirk aus privaten Grundstücken öffentliche Parks machen will, müsste er die Eigentümer entschädigen - und so viel Geld hat der Bezirk nicht. Schon lange war daher absehbar, was sich jetzt bestätigt: Bevor der Bezirk das Bürgerbegehren umsetzen muss, wird der Senat die Planungen an sich ziehen. Das Ergebnis des Bürgerbegehrens spielt dann keine Rolle mehr.
In dieser Konstellation standen die Parteien vor einer Verlockung: Man konnte sich einmal gefahrlos einer populären Forderung anschließen, ohne hinterher Konsequenzen fürchten zu müssen. Als einzige Partei im Bezirk ist die SPD voll in diese Populismusfalle getappt und hat sich darüber auch intern zerlegt.
Die anderen Parteien im Bezirksparlament - von FDP und CDU über die Grünen und die Linken bis hin zur WASB - unterstützen dagegen weiterhin die Planungen des Bezirksamtes. Die Grünen gehen damit sogar offensiv an die Öffentlichkeit: Am Wochenende verteilten sie auf dem Kreuzberger Bergmannstraßenfest nicht nur grüne Luftballons, sondern auch auch Flyer, in denen sie erklärten, warum sie die Forderungen des Bürgerbegehrens ablehnen. Das ist unpopulär - doch damit werden die Grünen der Verantwortung gerecht, die die Partei mit ihrem Bezirksbürgermeister in Friedrichshain-Kreuzberg hat.
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