■ Kommentar: Wählt die bessere CDU!
Drei Dinge brauchen SozialdemokratInnen heute: Innovation, Innovation, Innovation. Vor einigen Jahren noch hieß das entsprechende Wort „Reform“. Ein großer Unterschied: Einst forderte die SPD Gerechtigkeit und Modernisierung. Die beiden Ziele standen auf einer Stufe und waren einander nicht untergeordnet. „Soziale Teilhabe durch ökonomischen Fortschritt“ lautet die These jetzt.
Mit ihren Adlershofer Zukunftsthesen schließt sich die hiesige Sozialdemokratie im wesentlichen der Linie des Wirtschaftsfreundes Gerhard Schröder an. Die Unternehmen sollen in die Lage versetzt werden, mehr neue Produkte schneller zu entwickeln und in größeren Stückzahlen weltweit zu verkaufen. Der konkurrenzfähige Mensch unterzieht seine Arbeitskraft einer permanenten Innovation, um allzeit effektiv und produktiv leisten zu können. Deshalb fördert die Wirtschaftspolitik Kernbranchen wie Gen-, Verkehrs-, Umwelt- und Kommunikationstechnologie – in der Hoffnung, daß die Betriebe mehr Jobs anbieten. Das Konzept quillt über von technokratischen Ausdrücken wie „Medienkompetenz, Risikokapital und Forschungsfonds“. Alles Ziele, die die CDU ohne Schwierigkeiten unterschreiben kann. Hiesige Vorkämpferin der Schröder-Linie ist Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing, die den staatlichen Einfluß zurückdrängt und öffentliche Unternehmen privatisiert, wo es nur geht.
Doch man soll der SPD nicht Unrecht tun: Das Brandtsche Wort „Mehr Demokratie wagen“ schwingt noch leise mit. Leider nur ist es zum Anhängsel der Entwicklung neuer Kunststoffe und Genmanipulationen geworden. Mit dem unausgesprochenen Zusatz „Übrigens fordern wir auch noch...“ ist von sozialer Verantwortung, Demokratisierung der Hochschulen und Arbeitszeitverkürzung die Rede. Mit der propagierten Ökosteuerreform ließe sich Reichtum umverteilen, mit dessen Hilfe auch Stellen auf dem öffentlich geförderten, zweiten Arbeitsmarkt geschaffen werden könnten. Hier kommen die Positionen von Oskar Lafontaine und Arbeitssenatorin Christine Bergmann zum Vorschein, die dem Gemeinwesen eine eigenständige Rolle jenseits der Hilfe für Privatunternehmen zuweisen. Am Mainstream der Partei ändert das freilich nichts. Technische Innovation – eine armselige Utopie! Hannes Koch
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