Kommentar: Auf die Knochen
■ Was uns die Frühverrentung sagt
Jetzt sollen auch 58jährige auf Rente gehen können, hat der Senat gestern beschlossen. Das ist schön, besonders für die Betroffenen. Jeder und jedem sei das Glück gegönnt, zwei Jahre vor der Zeit die Beine hochlegen zu können. Und jeder und jedem sei gegönnt, daß da nicht die Schulden drücken und die Vorverrentung an den Finanzen scheitert. So rosig sieht es bei den unteren Einkommensgruppen im Öffentlichen Dienst nicht gerade aus.
So wäre allesalles gut, wenn da nicht ein komisches Gefühl bliebe. Was nämlich mit den 200 bis 250 Stellen wird, die auf diese Weise via Arbeitsamt trickreich in die Rentenkassen geschoben werden, das steht auch schon fest: Die werden einfach ersatzlos gestrichen und eingespart. Daß der Senat die Operation nicht gerade aus purer Menschenfreundlichkeit macht, das hatten wir doch wohl geahnt. Bleiben also zwei Alternativen: Entweder dieses neue Bremer Sparwunder geht auf die Knochen derer, die drinbleiben oder diese 200 bis 250 Menschen waren schlicht zu viel an Deck.
Zu viele an Deck – daß es im Öffentlichen Dienst noch reichlich Einsparpotential gibt, das will wohl niemand ernsthaft bestreiten. Aber letztlich ist diese Einsparaktion so unpräzise, wie sie pauschal ist. Nicht dort wird Personal abgezogen, wo es tatsächlich überzählig ist, sondern dort, wo zufällig die Älteren sitzen. Und das heißt: Am Ende geht das auf die Knochen der anderen. Jochen Grabler
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