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KommentarAntifa

■ Neonazi-Gegner nicht per se demokratisch

Es ist ein altes Trauerspiel: Der größte Feind der Nazis war sicherlich Stalin. Was nicht verhindert hat, daß beide Regimes innenpolitisch grausame Diktaturen waren und sich außenpolitisch etwa zur Ausplünderung der polnischen Republik verbündet haben. Länder, die durch die „antifaschistische“ Sowjetunion vom Nazi-Regiment befreit wurden, erfreuten sich keineswegs zivisierter Selbstverständlichkeiten etwa wie Meinungsfreiheit oder demokratischer Wahlen.

Der aktuelle Krieg zwischen fünf Dutzend Antifas und zwei Dutzend Neonazis ist sicherlich eine kleine Farce im Vergleich mit dem alten Trauerspiel. Einige Grundzüge ähneln sich aber. Schlimm springen die Nenazis um mit einem „Feind“, der ihnen in die Hände fällt. Aber man möchte auch dem Menschen Privenau nicht wünschen, in die Hände einer Gruppe von „Antifas“ zu fallen.

Man stelle sich nur vor: Neonazis verteilen Flugblätter mit den Steckbriefen bekannter Antifa-Leute. Neonazis versuchen Aufmärsche vor deren Wohnungen. Die Empörung wäre groß, nicht nur in Antifa-Kreisen - zu Recht. Solange der Widerstand gegen die Neonazis sich von demokratischen Selbstverständlichkeiten so weit entfernt, nährt er das Feindbild der Neonazis. Durch diesen mutmaßlichen antifa-„Angriff“ in Bremen konnte die rechte Szene sich mächtig in ihrem Weltbild bestätigt sehen. Klaus Wolschner

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