■ Kommentar: Unruhe ist Bürgerpflicht
Wenn die Bundeswehr in Berlin marschiert, marschieren auch die Berliner Sicherheitsorgane im Gleichschritt. „Unter Berücksichtigung der Belange der Bundesrepublik Deutschland“ hat der Staatsschutz die Demonstrationsfreiheit kurzerhand außer Kraft gesetzt. Selbst „akustische Störungen“, so die Begründung, verletzten den „Wesensbereich der Gelöbnisfeier“. Wer gegen den Kommandoton die Trillerpfeife in den Mund nimmt, ist folglich ein Störer wider öffentliche Sicherheit und Ordnung. München und die „bayerische Art“ lassen grüßen.
Erst recht grüßt allerdings die Hauptstadt jener Bundesrepublik Deutschland, um die sich der Staatsschutz sorgt. Wenn es um Staatsdinge geht, werden zivile Gepflogenheiten und demokratische Rechte zunehmend auf dem Altar der Hauptstadtsymbolik geopfert. Das war schon beim Großen Zapfenstreich 1994 so, und es steht zu befürchten, daß es anläßlich der Demo gegen die Nato-Tagung im Juni nicht anders sein wird. Um so mehr freilich ist Unruhe erste Bürgerpflicht. Das Gelöbnis wird man damit nicht verhindern, wohl aber das Image einer um solcherlei Symbolik bemühten Hauptstadt beschädigen können: dann nämlich, wenn die bundeswehrtragende Öffentlichkeit hinterher über die „Hauptstadt der Verweigerer und Demonstranten“ lamentiert. Uwe Rada
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