Kommentar: Fraktion bei Fuß
■ Die neuen rot-grünen Spitzen müssen ihre Leute auf staatstragend trimmen
Ein glanzvoller Redner macht noch keinen Fraktionsvorsitzenden. Der grüne Realo Martin Schmidt, dem man neben rhetorischem Talent auch schulmeisternde Neigungen nachsagt, durfte die Fraktionsspitze nicht besetzen, weil auch die Rot-Grün-Skeptiker bei der GAL mit ins Regierungsboot gezogen werden müssen. Der neuen Chefin Antje Möller steht nun die schwierige Aufgabe bevor, die Grünen in eine staatstragende Truppe zu verwandeln, ohne die eigene Glaubwürdigkeit zu verlieren. Gelingt Möller diese Gratwanderung, wird man über ihre Defizite in punkto Repräsentanz nach außen gerne hinwegsehen.
Eben aus diesem Grunde überließen auch die SPD-Linken den Fraktionsvorsitz Holger Christier aus dem Mitte-Rechts-Lager. Er wird alle Hände voll zu tun haben, die Zweifler in den eigenen Reihen zu integrieren und sie liebevoll an die neuen politischen Realitäten heranzuführen.
Wer sich so umfassend mit gruppendynamischen Wechselwirkungen und therapeutischen Einzelgesprächen befassen muß, dem wird für manch anderes, was im politischen Leben Ruhm und Ehre bringt, wenig Zeit bleiben. So gesehen ist das zufriedene Glucksen des SPD-Fraktionsvize und linken Mehrheitsführers Walter Zuckerer verständlich.
Schmidt hingegen war so versessen auf den Titel „Fraktionsvorsitzender“, daß er gar nicht wahrnahm, wie günstig es sich für ihn trifft, die Außendarstellung der GAL übernehmen zu können. Und genau deshalb war die GAL-Fraktion klug genug, sich jemand anderes an die Spitze zu wählen. Silke Mertins
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