Kommentar: Wähler verraten
■ Wahlsystem produziert Überläufer
Auf den ersten Blick scheint die Sache klar. Uwe Siefert, chancenlos auf Listenplatz 35, wechselt von der CDU zur AfB. Um wieder in der Bürgerschaft zu sitzen, verrät er seine Fraktion, klaut ihr ein Mandat und pfeift auf den Willen der Wähler. Doch der Wechsel offenbart noch etwas anderes. Das Bremer Wahlsystem krankt und bereitet Überläufern wie Siefert geradezu den Weg. In Bremen werden Abgeordnete nicht über ihre Wahlkreise gewählt. Stattdessen tagt eine Findungskommission hinter verschlossenen Türen und sucht die Kandidaten für die Bürgerschaftsliste aus. Der Vorschlag wird von den Delegierten abgestimmt – und meistens abgenickt. Mit anderen Worten: Wer im Parteiklüngel nicht mithalten kann, hat verloren.
Das gilt auch für Uwe Siefert. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher war ein blasser Hinterbänkler, der weder durch Ideen, noch durch seine Reden glänzte. In der CDU war er zuletzt nicht mehr wohlgelitten. Also bandelte er mit der AfB an – die ihn, dankbar für jedes zusätzliche Mandat, mit offenen Armen empfing. Wenn die Wählerinitiative, zu der sich inzwischen auch der abgehalfterte Gewerkschaftsfunktionär Frensel gesellt hat, die Fünf-Prozent-Hürde tatsächlich schafft, säße Siefert wieder im Parlament. Wenn sich Abgeordnete erst in Wahlkreisen beweisen müßten, wäre ihm dieser Schritt nicht so leicht gemacht worden. Kerstin Schneider
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