Kommentar: Fünf im Abi
■ Warum das Abitur vielleicht nicht bunter, sondern nur bürokratischer wird
Ein kleines Physik-Genie entwickelt für den Picknick-Koffer eine Kaffeemaschine. Die läuft mit Solarenergie und gewinnt einen Preis bei Jugend forscht. Oder ein frankophiler Schüler entwickelt ein Dolmetsch-Programm für französischsprachige Asylsuchende aus Afrika.
Damit können die beiden in Zukunft vielleicht ihre Abiturnoten aufpeppen. Dann nämlich, wenn die Hamburger Würdenträger in Sachen Schule den Beschluss der Kultusminister-Konferenz so gut finden, dass sie ihn für verbindlich erklären. Der sieht vor, dass zu den vier Prüfungsleistungen eine fünfte kommen kann.
Eine schöne Idee. Denn auf Projektarbeit passen Schlagworte wie interdisziplinäres Lernen, soziale Kompetenz und selbstständiges Denken, die an der Uni und überhaupt im Leben gefragt sind. Endlich kann notenmäßig belohnt werden, wer sich über das nötige Maß hinaus für eine Sache so begeistert, dass er ihr Zeit und Kraft widmet.
Allerdings wird es nicht leicht sein zu entscheiden, welche Projekte in die Note einfließen dürfen. Und wie will man verhindern, dass das Physik-Genie, das vermutlich ohnehin einen Physik-Leistungskurs belegt, seinem Abitur einen Drall in Richtung Einseitigkeit gibt. Oder soll das Projekt nur gelten, wenn der Frankophile die Kaffeemaschine erfindet und der kleine Physiker übersetzt?
Da haben Bürokraten viel zu regeln. Und dabei sollten sie aufpassen, denn sonst wird aus der guten Idee nichts als eine unüberschaubare Anzahl von Verfügungen. Und dann würde das Abitur nicht bunter, sondern bürokratischer. Sandra Wilsdorf
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